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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

die römisch-irischen Bäder und besonders die Medizinal- oder Heilbäder. Da jedoch diese Zwecke mehr oder minder ineinander greifen, so werden auch die hierfür erforderlichen Räume und innern Einrichtungen häufig miteinander kombiniert.

Die Wannenbäder, welche entweder mit Metall- oder gemauerten Wannen und gewöhnlich mit Brausen versehen sind, werden meist in größerer Zahl innerhalb eines größern Raums von ca. 3 m Höhe durch ca. 2 m hohe und ca. 3,5 m voneinander entfernte Zwischenwände so abgeschieden, daß sie zwischen den letztern und der Decke noch einen ca. 1 m hohen Luftraum behalten, durch welchen Luft und Licht sich verbreiten können. Die Wannen erhalten im Lichten am obern Rand ca. 1,6 m Länge bei 0,65 m Breite, am Boden ca. 1,45 m Länge und 0,5 m Breite bei einer Tiefe von ca. 0,55 m und werden der bequemen Benutzung halber oft um ca. 0,25 m in den Fußboden versenkt. Ein Tisch, Stühle, ein kleines Sofa etc. vervollständigen die innere Ausstattung. Werden diese Wannenbäder geräumiger angelegt und mit mehr Eleganz und Komfort ausgestattet, so erhalten dieselben den Namen Salonbäder. Die Wannen, welche in einzelnen paarweise angeordnet und ca. 20 cm in den Fußboden eingelassen werden, bestehen hier meist aus Terrakotten, und es werden außer verschiedenen Brausen Einrichtungen zum Anwärmen der Badewäsche angebracht. Außerdem legt man besondere größere Wannenbäder auch für das gleichzeitige Baden mehrerer Kinder an. Die Wannen müssen der freien Bewegung der Kinder wegen sehr geräumig und mit geneigter Rückwand versehen sein und werden innen meist mit glasiertem Steingut bekleidet.

Die Reinigungsbäder, welche das Bedürfnis nach Erfrischung und gründlicher Reinigung des Körpers auf die einfachste, Zeit, Raum und Kosten ersparende Weise befriedigen sollen, bestehen meist aus reichlich temperierten, ca. 0,5 m tiefen, mit breitem, zum Sitzen bestimmtem Rand versehenen Fußbädern von ca. 0,75 m Länge und 0,55 m Breite nebst darüber angebrachten Brausen.

Die Douchebäder, welche entweder in Verbindung mit Wannen- oder Schwimmbädern oder auch allein gebraucht werden und im letztern Fall mit eignen Aus- und Ankleidezellen versehen sind, enthalten meist eine Auswahl verschiedener kalter und warmer Douchen, welche als Regen- und Schlauchdouchen und hierbei als sogen. Kopf-, Seiten- und Sitzdouchen von oben, von allen Seiten und von unten wirken.

Die Schwimmbäder erfordern mindestens ein 10 bis 20 m langes, 5–10 m breites und 0,75–2 m tiefes Bassin mit umlaufendem, 1,2–2 m breitem Gang, auf welchen die ca. 1,2 m langen und breiten, 2 m hohen, oben offenen, eventuell in zwei Stockwerke verteilten An- und Auskleidezellen münden. Die letztern schließen sich entweder, wie bei allen ältern und selbst bei neuern Anstalten, an die Umfangswände, besser jedoch an einen äußern Umgang an, von wo die Ankommenden die Zellen und erst, nachdem sie dort ihre Fußbekleidung abgelegt haben, den innern Gang betreten. Sind zwei Stockwerke vorhanden, so sind in letzterm Fall die äußern und innern Umgänge durch gesonderte Treppen zu verbinden. An oder in dem Bassin selbst befinden sich meist Regen- und Schlauchdouchen, auch steht die Schwimmhalle meist mit dem Douchebad in Verbindung. In den kältern Jahreszeiten, wo die Temperatur der Luft und des Wassers bez. ca. 15 und 16° R. nicht erreicht, ist das Schwimmbad mit den nötigen Heizungsvorrichtungen zu versehen, welche für beide getrennt und z. B. mittels Dampfheizung so angelegt werden, daß gußeiserne Röhren unter den mit durchbrochenen Gußplatten belegten Fußböden der Umgänge oder Öfen in besondern Nischen angebracht werden, während aus mehreren am Boden des Bassins mündenden Röhren mit feinen Öffnungen Dämpfe direkt in das Wasser strömen. Um das Wasser des Bassins in beständiger Bewegung zu erhalten, ist teils eine Schale angebracht, aus welcher das zufließende Wasser in das Bassin niederfällt, teils ein durch Dampf getriebener Wasserfall hergestellt, welcher gewaltsam in das Bassin strömt und in demselben eine starke Wellenbewegung hervorbringt.

Die Dampfbäder, wegen ihrer großen Verbreitung in Rußland auch wohl russische Dampfbäder genannt, bestehen in nicht zu großen Räumen mit staffelförmig angeordneten Schwitzbänken, worauf der Badende nach dem Entkleiden sich legt. Der einströmende, in Dampfkesseln entwickelte Dampf hat eine Temperatur von +28 bis +40°. Die Dauer des Bades beträgt 20–25 Minuten, während dessen die leidenden Teile mit jungen Birkenreisern u. dgl. leicht geschlagen und mit Bürsten frottiert werden. Unmittelbar vor dem Ankleiden wird mittels der in dem Baderaum befindlichen kalten Douche ein Regenbad genommen und hierauf der ganze Körper sorgfältig abgerieben und frottiert. In einem anstoßenden, etwas kühlern Zimmer muß der Kranke sich abkühlen können, ehe er sich der frischen Luft aussetzt.

Die römisch-irischen Bäder, welche im wesentlichen als Luftschwitzbäder zu betrachten sind, erfordern a) einen auf 30–35° R. geheizten, mit hölzernen Sitzen und Ruhebänken und mit einem zum Eintauchen des ganzen Körpers hinreichenden Becken voll lauwarmen Wassers versehenen Raum, das Tepidarium, worin der Badende sich während ca. 20 Minuten dem Schwitzen überläßt. Zur Erwärmung dieses Raums ist derjenige Teil des Fußbodens, welcher nicht von dem erwähnten Wasserbecken eingenommen wird, meist aus Lattenwerk hergestellt, unter welchem die Heizröhren liegen; b) einen zweiten, mittels einer ähnlichen Heizanlage auf 45–50° R. erwärmten Raum, das Sudatorium, worin der Badende 4–5 Minuten verweilt, um in völlige Transpiration zu geraten; c) einen dritten, zum Frottieren und zu der Behandlung in warmem und kaltem Wasser bestimmten Raum, das Lavacrum, worin eine größere Wanne mit warmem Wasser und eine Anzahl verschiedener warmer und kalter Douchen enthalten sind. Erst wenn eine genügende Abkühlung erfolgt ist, wird der Badende sorgfältig mittels erwärmter Leintücher trocken abgerieben; d) je eine Badezelle, welche zum Entkleiden und zum Ausruhen dient, wo der Badende nach dem B., nur mit einem Leintuch bedeckt, ca. 20 Minuten auf einem Ruhebett verweilt und sich wieder ankleidet, um sodann die Anstalt zu verlassen.

Die Medizinalbäder bestehen in Wannenbädern, jedoch machen dieselben oft Zusätze erforderlich, welche (wie die Schwefelbäder) unangenehme Ausdünstungen veranlassen, weshalb sie meist eine von den übrigen Bädern getrennte Lage erhalten. Die zu sogen. reizenden Bädern bestimmten Wannen müssen mit einer Bekleidung versehen sein, welche den Angriffen der zum Wasser gemachten Zusätze, wie Salz, Asche, Senfmehl, Lauge oder Pottasche, auf die Dauer widersteht.

Einrichtungen ganzer Badeanstalten. Werden die Badeanstalten für Gesunde und zwar zur

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0224.jpg&oldid=- (Version vom 5.5.2022)