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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

Stange BC der Steuerhebel BA wieder auf größere Füllung zurückgestellt wird, und zwar so weit, bis der Dampfcylinder wieder seine nötige Füllung erhält, welche trotz der verminderten Tourenzahl die gleiche ist, wie sie vorhin bei größerer Tourenzahl war. Die Stellung des Steuerhebels BA, der Stange BC und des Hebels DC ist dann dieselbe wie vorhin, nur die Stellung der übrigen Teile des Regulators ist mit der veränderten Tourenzahl eine andre geworden. Es ist klar, daß das umgekehrte Drehen der Regulierschraube auch das Umgekehrte hervorbringt, nämlich eine Beschleunigung des Ganges der Maschine.

Bei vielen Arbeitsdampfmaschinen, z. B. Dampfkompressoren, Dampfgebläsen, ist es erwünscht, zur Innehaltung eines gleichen Widerstandes (also bei Kompressoren etc. des gleichen Luftdruckes) die Einstellung des Regulators nach der Leistung selbstthätig zu machen. Ein zum Betrieb von zwölf Bohrmaschinen bestimmter Dampfkompressor z. B. mache bei normalem Betrieb eine bestimmte normale Tourenzahl und liefere eine normale Preßluftmenge von gewissem normalen Druck. Werden nun sechs Bohrmaschinen abgestellt, so wird der Luftbedarf auf die Hälfte reduziert, und die Regulatorschraube S muß dieser verminderten Leistung entsprechend eingestellt werden. Wird dies versäumt, so nimmt die Spannung der Preßluft, weil mehr Luft eingepumpt als verbraucht wird, sogleich zu. Diese Spannungszunahme wird nun zur Einstellung des Regulators benutzt. Zu dem Ende wird statt der Schraube S ein in einem Cylinder beweglicher Kolben zwischen den Hebelarmen DD1 und CD eingeschaltet. Der Cylinderraum ist durch ein Röhrchen mit dem Kompressor derart verbunden, daß, sobald die Normalspannung im Kompressor überschritten wird, der Kolben den Druck der Feder E überwindet und den Hebel DC in gleicher Weise herabdrückt, wie das sonst durch den Maschinenwärter mittels der Schraube S vorgenommen werden muß. Außerdem ist noch eine Regulierschraube zur Einstellung des Regulators von Hand angebracht. Vgl. auch Gaskraftmaschine.

Reichardt, 4) Eduard, Agrikulturchemiker, starb 26. Okt. 1891 in Jena.

Reicher, Joseph, österreich. General (Bd. 18), wurde im März 1891 zum Kommandanten des 14. Korps in Innsbruck und Landesverteidigungskommandanten in Tirol und Vorarlberg ernannt.

Reichsschuldbuch, s. Staatsschuldbuch.

Reichstagswahlen, vgl. Volksvertretung.

Reinach, Theodor, franz. Historiker, geb. 3. Juli 1860 in St.-Germain en Laye, studierte in Paris die Rechte und ließ sich hier als Advokat nieder, widmete sich aber dann ganz geschichtlichen Studien. Er schrieb: „Histoire des Israélites depuis la dispersion jusqu’à nos jours“ (Par. 1884); „Essai sur la numismatique des rois de Cappadoce“ (das. 1886); „Les monnaies juives“ (das. 1887); „Essai sur la numismatique des rois de Bithynie“ (das. 1888) und „Mithridate, roi du Pont“ (das. 1891). Seit 1888 ist er Redakteur der „Revue des études grecques“.

Reinländer, Wilhelm, Freiherr von, österreich. General, wurde im Oktober 1891 zum kommandierenden General des 3. Korps in Graz ernannt.

Rembrandt. Die Litteratur über R. hat im J. 1891 einen Zuwachs in einem Buche unter dem Titel: „Wer ist R.? Grundlagen zu einem Neubau der holländischen Kunstgeschichte“ (Bresl.), von Max Lautner erhalten, dessen Absicht darauf hinauslief, nachzuweisen, daß sich die geschichtliche Überlieferung und die neuere Forschung sowohl in Bezug auf die Person des Malers als auf seine künstlerischen Fähigkeiten in einem völligen Irrtum befunden haben, daß die auf den Namen R. seit zwei Jahrhunderten gehenden Meisterwerke nicht von R., sondern von seinem Schüler F. Bol gemalt worden seien, und daß R., der mehr Kunstsammler und -händler gewesen, wegen seines leichtsinnigen, unsittlichen und verschwenderischen Lebenswandels überhaupt nicht befähigt gewesen sei, die mit seinem Namen bezeichneten Gemälde und Radierungen, besonders diejenigen biblischen Inhalts, zu schaffen. Die Beweisführung des Verfassers, der sich bis dahin noch nicht auf dem Gebiete der kunstwissenschaftlichen Forschung bekannt gemacht hatte, stützt sich in erster Linie auf ein neues, von ihm erfundenes „photographisches Verstärkungsverfahren“, wodurch er auf den Hauptbildern Rembrandts, unter andern auch auf der berühmten Nachtwache im Antwerpener Reichsmuseum, neben dem Namen R. „latente“ Bezeichnungen von F. Bol in Form von Anfangsbuchstaben, verschlungenen Monogrammen und ganzen Namensinschriften entdeckt haben wollte. Daraus schloß er, daß Bol als Schüler Rembrandts von diesem beschäftigt worden sei, daß R. die Arbeiten Bols unter seinem Namen verkauft und daß Bol, um seine Autorschaft wenigstens der Nachwelt zu offenbaren, seine Namensbezeichnungen in den verschiedensten Formen den Bildern während der Untermalung einverleibt habe, in der Hoffnung, daß sie einmal wieder zum Vorschein kommen würden. Diese mit großer Zuversicht vorgetragenen Behauptungen erregten in den ersten Wochen nach der Veröffentlichung des Buches lebhaftes Aufsehen. Jedoch wurde das Gebäude Lautners sehr bald völlig umgestürzt durch die Entgegnungen der holländischen Kunstgelehrten A. Bredius, E. W. Moes u. a., die Lautner unter anderm nachwiesen, daß er wichtige Urkunden übersehen hatte, die die Nachtwache als Werk Rembrandts außer Zweifel stellen, und daß er der holländischen Sprache nicht genügend mächtig sei, um Urkunden und gedruckte Überlieferungen richtig zu lesen und zu deuten. Ihren letzten Halt verlor die Hypothese Lautners, als sich herausstellte, daß die seinem Buche beigegebenen Proben von Namensinschriften Bols auf bekannten Bildern Rembrandts erst durch nachträgliche Retouchen von seiner Hand lesbar geworden sind. Von andrer Seite angestellte Versuche mit Vergrößerungsapparaten haben dagegen ergeben, daß es sich bei den angeblichen Buchstaben nur um unregelmäßige Risse und Sprünge im Farbenauftrag handelt. Am schwersten fällt gegen Lautner die Thatsache ins Gewicht, daß Bol in seinen beglaubigten, wirklich bezeichneten Werken eine von seinem Meister völlig verschiedene künstlerische Physiognomie besitzt. Vgl. E. W. Moes, Ein moderner Herostrat (Amsterd. 1891).

Rentengüter. Die frühere Rechtsform der R. (Güter, welche zwar freies Eigentum, aber mit einer durch den Gläubiger nicht kündbaren Rente belastet waren) war vielfach durch die Agrargesetzgebung der neuern Zeit auf dem Wege beseitigt worden, daß die Rente für ablösbar erklärt und nur noch die Bestellung von kündbaren Renten zugelassen wurde. So bestimmte Art. 1911 des französischen Code civil: „Die beständige Rente ist ihrem Wesen nach ablösbar. Die Parteien können nur übereinkommen, daß die Ablösung nicht vor einer bestimmten Zeit, welche jedoch nicht über 10 Jahre hinaus festsetzt werden darf, wie auch, daß sie nicht anders, als nachdem der Gläubiger eine unter ihnen bestimmte Zeit vorher benachrichtigt worden, geschehen solle.“ Ähnliche Bestimmungen

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 764. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0778.jpg&oldid=- (Version vom 20.12.2023)