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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

zu erbringen. Über „Gregor X. und Rudolf von Habsburg in ihren beiderseitigen Beziehungen“ handelt A. Zisterer (Freib. 1891), der namentlich auf die Stellungnahme des Papstes zu den staatsrechtlichen Fragen ausführlich eingeht. Die fleißige Untersuchung von J. P. Sägmüller: „Die Papstwahlen und die Staaten 1447–1552 (Tübing. 1890), sucht besonders das sogen. Exklusivrecht einzelner Staaten, welches sich eben in dieser Zeit ausgebildet hat, näher zu beleuchten.

Südeuropa. Aus den Werken zur Geschichte des byzantinischen Reiches erwähnen wir die Arbeit von K. Schwarzlose, „Der Bilderstreit“ (Gotha 1890), welche sorgfältig bemüht ist, die ernsten religiösen und kirchenpolitischen Gesichtspunkte aufzuzeigen, die den langjährigen und erbitterten Kämpfen zwischen Bilderdienern und Bilderstürmern zu Grunde lagen. Glänzend ausgestattet und reich illustriert ist G. Schlumbergers Werk, „Un empereur byzantin au dixième siècle. Nicéphore Phocas“ (Par. 1890). Spaniens Beziehungen zu Frankreich im Anfang des 18. Jahrh, untersucht Baudrillart, „Philippe V et la cour de France“ (Par. 1890–91), der auf Grund spanischer und französischer Archivalien zu einem sehr günstigen Urteil über die Politik des Regenten und des Kardinals Dubois gelangt, welch letztern er für einen, wenn nicht der größten, so doch der geschicktesten Minister des alten Frankreich hält. Auch die von A. Morel-Fatio veröffentlichten „Études sur l’Espagne au XVIII. siècle“ (Bouillon 1890) haben allgemeineres Interesse: sie beruhen auf der Korrespondenz des spanischen Diplomaten Graf Fernan Nuñez mit dem Fürsten Salm-Salm und bringen merkwürdige Einzelheiten über spanische und zum Teil auch über deutsche Verhältnisse. In Italien hat der jetzige Unterrichtsminister P. Villari eine Reihe kleinerer Aufsätze, als „Saggi critici e storici“ (Bologna 1890), zusammengestellt; wir heben daraus besonders die Abhandlungen über Savonarola hervor. Von deutschen Arbeiten über mittelalterliche italienische Geschichte erwähnen wir die Studie J. Gittermanns über den in Sage und Dichtung berühmten „Ezzelino von Romano“ (Stuttg. 1891), die Untersuchungen G. Caros, „Zur Verfassungsgeschichte Genuas“ (Straßb. 1891), und die Abhandlung B. Kindts über die „Katastrophe Lodovico Moros in Novara im April 1500“ (Greifswald 1890), durch welche die Ansicht, daß die schweizer Söldner den Herzog von Mailand an die Franzosen verkauft haben, widerlegt wird. Ein sehr gewissenhaftes Buch über die Verfassung des Königreichs Neapel unter den beiden ersten angiovinischen Herrschern: „Essai sur l’administration du royaume de Naples sous Charles I et Charles II d’Anjou“, ist aus dem Nachlaß L. Cadiers (Par. 1891) herausgegeben. Besonders eifrig beschäftigt man sich mit der neuesten Zeit. Tivaroni, „L’Italia durante il dominio francese“ (Bd. 2, Turin 1890), stellt die Verhältnisse der italienischen Halbinsel unter Napoleon I. dar, wobei sich ergibt, wie diese Herrschaft trotz des Druckes, den sie ausübte, doch aus manchen Gründen den frühern Zuständen, an deren Stelle sie trat, vorzuziehen war. V. Bersezios großes Werk „Trent’ anni di vita italiana“ (Turin 1890) ist mit dem 5. Bande bis 1852 vorgerückt; Cesare Correnti hat an Massarani einen vortrefflichen Biographen gefunden (Rom 1890); M. Minghetti gab den zweiten und dritten Band seiner Memoiren: „Miei ricordi“ (Turin 1890), heraus.

Über Nord- und Osteuropa sind in der Hauptsache nur Schriften erschienen, welche ihrer Sprache halber weitern Kreisen in Deutschland nicht zugänglich sein werden. Doch mögen E. H. Meyers Untersuchungen über „Eddische Kosmogonie“ (Freiburg 1890), welche die eddische Lehre von der Weltentstehung auf christlich-mittelalterliche Grundlage zurückführen, dann ein populäres und illustriertes englisches Werk über das Wiking-Zeitalter von Du Chaillu (Lond. 1891, 2 Bde.) erwähnt werden. Arbeiten über Christina von Schweden sind in England von F. W. Baines (Lond. 1891) und in Italien, wo die Königin durch ihren längern Aufenthalt ein lebhaftes Andenken hinterlassen hat, von Grottanelli (Flor. 1890) publiziert worden. Ein wichtiges Quellenwerk zur Geschichte Rußlands im Revolutionszeitalter sind die „Materialien zur Lebensbeschreibung des Grafen Panin“, hrsg. von A. Brückner, deren dritter Band (Petersb. 1890) die Jahre 1797 u. 1798 umfaßt. Die Beziehungen Alexanders I. von Rußland und Napoleons I. von Frankreich behandeln fast gleichzeitig, natürlich von verschiedenen Gesichtspunkten aus, J. Tatistchew (Par. 1890) und A. Vandal (das. 1890).

Wir beschließen diese nur einen ausgewählten Teil der reichen historischen Litteratur der letzten Jahre umfassende Übersicht mit der Erwähnung der vortrefflichen „Verfassungsgeschichte der Vereinigten Staaten von Nordamerika“ von H. v. Holst, die mit ihrem vierten Bande (Berl. 1891) das gesteckte Ziel: den Ausbruch des Bürgerkrieges zwischen Nord- und Südstaaten, erreicht hat. Der Band schildert die Präsidentschaft Buchanans, dessen Schwäche, Selbstüberschätzung und Eigensinn klar hervorgehoben werden.

Hitschmann, Hugo, landwirtschaftlicher Schriftsteller und Verleger, geb. 28. April 1838 zu Kanitz in Mähren, studierte an der höhern landwirtschaftlichen Lehranstalt in Ungarisch-Altenburg, war dann auf mehreren Domänen Österreich-Ungarns praktisch thätig und wirkte einige Jahre als Lehrer in Altenburg. 1866 wandte er sich dem schriftstellerischen Berufe zu und übernahm die Redaktion der „Allgemeinen land- und forstwirtschaftlichen Zeitung“ (später „Wiener landwirtschaftliche Zeitung“) und der Zeitschrift „Der praktische Landwirt“. 1870 gingen diese Blätter in sein Eigentum über. Von da an datiert der große Aufschwung, den die landwirtschaftliche Fachjournalistik in Österreich-Ungarn genommen, und als deren Reformator H. zu bezeichnen ist. Weitere Schöpfungen Hitschmanns sind: „Der Ökonom“, die „Österreichische Forstzeitung“, die „Allgemeine Weinzeitung“ und das in 10 Auflagen erschienene „Vademekum für den Landwirt“.

Hoffmann, 6) Heinrich Karl Hermann, Botaniker, starb 26. Okt. 1891 in Gießen.

Hoffmann, Emanuel, klassischer Philolog, geb. 11. April 1825 zu Neiße, studierte 1843–47 in Breslau, bereiste seit Herbst 1848 Italien und Frankreich und wurde 1850 außerordentlicher Professor in Graz, 1856 ordentlicher Professor und Leiter des philologischen Seminars in Wien. Von seinen Schriften nennen wir: „Homeros und die Homeridensage von Chios“ (Wien 1856); „Caesaris commentarii etc. cum praefatione critica“ (das. 1856–57, 2 Bde.; 2. Aufl. 1890); „Die Arvalbrüder“ (Bresl. 1858); „Die Konstruktion der lateinischen Zeitpartikeln“ (Wien 1860, 2. Aufl. 1873); „Das Gesetz der 12 Tafeln von den Forcten und Sanaten“ (das. 1866); „Der Agricola des Tacitus“ (das. 1870); „Mythen aus der Wanderzeit der gräco-italischen Stämme“ (Bd. 1: „Kronos und Zeus“, Leipz. 1876); „Patrizische

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 450. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0464.jpg&oldid=- (Version vom 28.5.2024)