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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

Nationalpark in Kalifornien vertreten. Die Erscheinung dieser intermittierenden Springquellen erklärt sich nach der Theorie von Bunsen durch das Zusammenwirken zweier Faktoren, nämlich der Überhitzung des Wassers durch Druck und plötzlicher Druckverminderung durch von oben erfolgende Abkühlung. Die Geiser der beiden zuletzt genannten Gebiete zeigen aber eine auffallende Regelmäßigkeit der Eruption, die durch die Temperaturverhältnisse allein nicht zu stande kommt. Wichtig ist in dieser Hinsicht, daß die Entwickelung der großen Dampfblasen, welche regelmäßig in das große Geiserrohr eintreten, periodisch erfolgt. In dem großen Geiser muß, damit eine Eruption erfolgen kann, die Wassersäule um etwa 2 m gehoben werden. Die in dem Schachte selbst entstehenden Dampfblasen sind aber nicht im stande, eine derartige Hebung zu bewirken, es muß sich vielmehr in der Nähe des Geiserschachtes eine größere Dampfmenge entwickeln, welche dann, wenn sie ein gewisses Volumen erreicht hat, in den Schacht eindringt und die Wassersäule hebt. Die Periodizität der Geisererscheinung ist also durch den Umstand zu erklären, daß sich in Hohlräumen neben

Fig. 5. Temperatur der Quellen in der Oberrheinischen Tiefebene und den Vogesen.
Die Buchstaben a bis f entsprechen den Temperaturen einiger Quellen, die aus Verwerfungen entspringen. (Nach A. Daubrée.)
a Küttolsheim, b Papierfabrik von Reideshoffen, c Kestenholz, d Sulzbad, e Niederbronn, f Wasselnheim.

dem eigentlichen Geiserschachte Dampfansammlungen bilden, welche in den Schacht eintreten, sobald sie den Hohlraum angefüllt haben. Infolge der Hebung welche das Geiserwasser dadurch erleidet, werden tiefer liegende überhitzte Wassermassen eine plötzliche und heftige Dampfentwickelung zeigen, wenn die Hebung groß genug ist, um ein derartiges Druckverhältnis herzustellen, daß die Temperatur des vorher stärker belasteten Wassers nach vermindertem Druck über seinem Siedepunkt liegt. Auch außerhalb der eigentlichen Vulkangebiete kommen Quellen mit hochtemperiertem Wasser vor, die auf Erdspalten liegen. Die bekanntesten sind diejenigen, welche in Toscana in der Nähe von Volterra Borsäure zu Tage fördern. Diese sogen. Soffioni fallen mit einem ausgedehnten Netze von von NNW. nach SSO. verlaufenden Sprüngen zusammen und dehnen sich über ein Zone von etwa 60 km Länge und 37 km Breite aus. Es sind Dampfsäulen, welche unter zischendem Geräusch (daher der Name Soffioni) 10–15 m in die Höhe steigen (s. Tafel, Fig. 3). Durch Bohrungen sind in verschiedener Tiefe bis über 50 m neue Quellen erschlossen; der Dampfdruck beträgt 1,5–1,75 Atmosphären, die Temperatur steigt bis auf 100°. Zu derselben Klasse gehören die Lagoni, Gräben von einem Durchmesser bis zu 20 m und einer Tiefe von 1,5–2,5 m, die mit Wasser von 93–95° gefüllt sind, aus dessen wallender Oberfläche sich Säulen bis zu 2 m Höhe erheben. Sind die Soffioni und Lagoni eine Zeitlang in Thätigkeit gewesen, so versiegen sie, und an ihrer Stelle entstehen in einiger Entfernung neue Quellen. Das Ausbrechen derselben kündigt unterirdisches Geräusch an, die Erde wird an der betreffenden Stelle heiß, es öffnen sich Spalten und Risse, und eine geringe Erschütterung genügt, um den eingeschlossenen Dampf zum Durchbruch zu bringen. Im großartigsten Maßstabe stoßen die Vulkane bei ihren Ausbrüchen Wasserdampf aus; aber auch, wenn sie nicht in eruptiver Thätigkeit sich befinden, entströmt ihnen Dampf aus Solfataren. Als Typus dieses Zustandes kann die Solfatare von Pozzuoli dienen.

Die mittlere Temperatur der gewöhnlichen Trinkwasserquellen liegt meist ein wenig über der mittlern Temperatur des Ortes. Die in der oberrheinischen Tiefebene, den Thälern der Vogesen und des Schwarzwaldes gelegenen Quellen unterscheiden sich im allgemeinen in ihrer mittlern Temperatur höchstens am 0,8°, obgleich doch die Quellen in den geologisch verschiedensten Gebieten liegen. Die mittlere Temperatur der in der Rheinebene auftretenden Quellen beträgt 10,5° während das G. eine Temperatur von 10,2° besitzt. Mit zunehmender Erhebung über den Meeresspiegel nimmt die Quellentemperatur ab, wie das nebenstehende Diagramm erkennen läßt (Fig. 5). Die Temperaturabnahme ist aber keine gleichförmige, wie die im Diagramm ausgezogene Linie beweist. Bis zu 280 m ü. M. beträgt die Abnahme 1° auf 200 m, von 280–360 m Höhe ist die Verminderung bedeutend schneller, nämlich 1° auf 120 m; von 360–920 m ist die Abnahme wieder gleich derjenigen in der untersten Stufe. Ist die Temperatur der Quellen höher als die mittlere Ortstemperatur, so werden dieselben als Thermalquellen bezeichnet. Die wichtigsten Thermen des mittlern Europa sind:

Burtscheid (Preußen) 78°
Karlsbad (Böhmen) 74
Gastein (Österreich) 71,5
Plombières (Frankreich) 71
Wiesbaden 69
Baden-Baden 67
Ofen-Pest (Ungarn) 61,3
Aachen 55
Mehadia (Ungarn) 55
Leuk (Schweiz) 51
Baden (Aargau, Schweiz) 50
Teplitz-Schönau (Böhm.) 49°
Ems 47,5
Teplitz-Trentschin (Ungarn) 40
Nauheim (Nassau) 39
Pfäfers (Schweiz) 38
Wildbad (Württemberg) 37
Schinznach (Aargau, Schweiz)  33
Bertrich (Rheinpreußen) 32
Schlangenbad (Nassau) 32
Warmbrunn (Schlesien) 32

Die Schwankungen der jährlichen Temperatur sind in einer Tiefe von ca. 25 m schon unmerklich, alle Quellen, welche eine höhere als die mittlere Temperatur des Ortes haben, müssen also aus einer größern Tiefe stammen und verdanken ihren hohen Wärmegrad der Eigenwärme der Erde. Durch die Verbiegung und Faltung der Gesteinsschichten wird das in den durchlässigen Lagen zirkulierende G., eingeschlossen auf beiden Seiten von undurchlässigem Gestein, gezwungen, in mehr oder minder große Tiefen hinabzusteigen, um später, wenn es die in der Tiefe herrschende Temperatur angenommen hat, wieder an die Oberfläche geleitet zu werden. Die Antiklinalen der Faltungen sind infolge der häufigen Brüche besonders geeignet, das Wasser wieder nach oben zu bringen. Daraus folgt, daß das Wasser einer Quelle durchaus nicht immer der betreffenden Gegend entstammt, in welcher es zu Tage tritt; in den meisten Fällen hat es vorher in der Tiefe einen weiten Weg zurückgelegt, bis es durch strukturelle Verhältnisse der Erdrinde wieder an die Oberfläche

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0428.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)