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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

120–130 m ü. M. und senkt sich gegen O. bis auf 20–25 m ü. M. In der Lombardei finden sich über 1000 solcher Fontanili, welche bei einer mittlern Ausflußmenge von 120 L. in der Sekunde eine Gesamtmenge von 120 cbm in der Sekunde liefern.

Besonders günstig auf die Bildung von G. führenden Schichten wirkt die wiederholte Wechsellagerung von durchlässigen Gesteinen und Thon- oder Mergelarten. Wenn der undurchlässige Boden, auf welchem sich das von oben eindringende Wasser sammelt, höher als die Sohle eines benachbarten Thales liegt, so tritt auf der Linie des Kontaktes zwischen beiden Schichten das Wasser in Gestalt von Quellen zu Tage (Fig. 1). In diesem Falle ist der Kontakt durch die Thatsache des Schichtenwechsels bedingt, es kann aber auch der Fall eintreten, daß der Kontakt erst nach der Bildung der Gesteine oder nach der Sedimentablagerung durch Vorgänge sekundärer Natur hervorgerufen wird. So sind Granit und Gneis im allgemeinen für Wasser undurchlässig, durch den Einfluß der Atmosphärilien zersetzen sich aber diese Gesteine an der Oberfläche und bedecken sich mit einer Schicht von Verwitterungsschutt, der in seiner Eigenschaft als durchlässige Masse zu Quellenbildung Veranlassung gibt. In gleicher Weise wirken die von Vulkanen ausgeworfenen Aschen- und Schlackenmassen, selbst Lavaströme, falls die Lava infolge von blasiger Struktur porös ist. Sehr häufig gelangen durchlässige und undurchlässige Schichten durch eine normale Verwerfung nebeneinander. Letztere bilden alsdann für die Ausbreitung des Grundwassers der durchlässigen Schicht ein Hindernis und zwingen dasselbe, sich nach oben zu ergießen. In der bei weitem größten Zahl von Fällen knüpft sich die Zirkulation des Grundwassers an das Vorhandensein von Sprüngen und Rissen der verschiedensten Art, welche ihm als Kanäle durch das Gestein dienen. Diese unzähligen Brüche oder Lithoklasen, welche die Erdrinde nach allen Richtungen hin durchsetzen, zerfallen in drei große Klassen, welche man als Leptoklasen, Diaklasen und Paraklasen bezeichnet (s. Lithoklasen, Bd. 17, S. 532). Vermittelst eines solchen Netzes von Sprüngen können auch Gesteine, welche an und für sich undurchlässig sind, von G. getränkt sein (Fig. 4). Derartige Grundwasserniveaus kommen in allen geologischen Schichten vor. So ist besonders die Kreide da, wo sie auf undurchlässigen Thonmassen liegt, an ihrer Basis von Wasser ganz durchzogen. Auch der Jura gibt durch die Wechsellagerung von zerklüfteten Kalkschichten mit Mergel und Thon Veranlassung zur Bildung von mehreren Grundwasserniveaus; eine gleiche Bedeutung hat unter den Triasschichten die Abwechselung von Muschelkalk und Keuper. Selbst paläozoische und kristallinische Gesteine enthalten nicht selten G. Ganz gewöhnlich findet man Lithoklasen in der Nachbarschaft von eruptiven Gesteinen und Erzgängen. Hierher gehören die Thermen von Plombières in Frankreich, Rippoldsau und Badenweiler in Baden, Kautenbach bei Trarbach in Rheinpreußen, Karlsbad und Marienbad in Böhmen. Gerade so wie die Spalten verhalten sich die größern oder kleinern Hohlräume, welche sich besonders in Kalkgebirgen in großer Menge vorfinden. Dieselben sind in den meisten Fällen durch Erweiterung von Diaklasen entstanden, wobei entweder die chemische oder mechanische Thätigkeit des Wassers oder beide vereinigt wirksam waren. Das auf die Oberfläche eines Kalkbodens fallende Regenwasser wird durch zahlreiche Risse, Sprünge und Spalten selbst durch zwischenlagernde Mergel- und Thonschichten hindurch in die Tiefe geführt, wo es sich in Vertiefungen ansammelt, um dann von hier aus sofort als bedeutender Fluß wieder ans Tageslicht zu treten. Als Beispiel diene die Vaucluse

Fig. 3. Fontanile. (Nach A. Daubrée.)
NN Grundwasserniveau, t konisch geformte Tonne, nach unten sich erweiternd.

(vom lateinischen vallis clausa, d. h. geschlossenes Thal), die im südlichen Frankreich in de Nähe von Avignon am Fuße einer 200 m hohen Felswand aus einem großen, fast kreisrunden Becken entspringt, das in eine tiefe Grotte endet (s. Tafel, Fig. 1). Der Wasserstand der Quelle ist je nach der Jahreszeit ein verschiedener; im Frühjahr zur Zeit der Schneeschmelze ist derselbe so hoch, daß die ganze Grotte bis ans Gewölbe ausgefüllt ist, im Oktober enthält das Becken einen kleinen See mit ganz ruhiger Oberfläche. Der Abfluß erfolgt durch zahlreiche Spalten im Kalkfelsen, aus dem sich in kurzer Entfernung davon 20 rauschende Bäche bilden (s. Tafel, Fig. 2). Meteorologische Beobachtungen haben die Abhängigkeit

Fig. 4. Grundwasser in Kreide, die von Lithoklasen durchsetzt ist. (Nach A. Daubrée.)
NN Grundwasserniveau, Kr Kreide, T undurchlässiger Thon, Q Quellen.

des Wasserstandes in dem Becken von der auf das Quellgebiet gefallenen Regenmenge dargethan.

In allen bisher angeführten Fallen wird das G. durch die Wirkung der Schwere zu Tage gefördert, vielfach sind es aber komprimierte Gase, welche diese Thätigkeit verrichten. Bei den Quellen von Nauheim in der Wetterau, Neuenahr im Ahrthal und Kissingen ist Kohlensäure das treibende Gas. Die Kohlenwasserstoffausbrüche sind unter dem Namen der sogen. Schlammvulkane und Salsen bekannt. Nur wenige Länder Europas sind so reich an Ausbrüchen dieses Gases wie Italien in den Appenninen im Gebiet von Bologna, Parma und Modena. Bisweilen kommen beide Gase in einer und derselben Quelle vereinigt vor, wie in dem Schlammvulkan Salinella bei Paterno am Fuße des Ätna. Kommt beim Herauswerfen des Wassers nur der Wasserdampf in Betracht, so heißen die Quellen Geiser. Das Auftreten derselben ist an vulkanische Gebiete gebunden. Am besten sind die Geiser im südwestlichen Teile von Island ausgeprägt, äußerst zahlreich sind sie auf Neuseeland in der Provinz Auckland und im Yellowstone

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0427.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)