Seite:Meyers b17 s0559.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

verliehen. Der älteste Armeemarsch ist der „Dessauer M.“ den die Truppen des Alten Dessauers aus dem Feldzug in Piemont 1707 mit heimbrachten. Der „Hohenfriedeberger“ und der „Mollwitzer M.“ werden Friedrich d. Gr. zugeschrieben. Ersterer wird zur Erinnerung an die Schlacht bei Hohenfriedeberg 4. Juni 1745 noch heute vom pommerschen Kürassierregiment (Königin) Nr. 2 bei Paraden als Präsentiermarsch gespielt. Ebenso wird der „Torgauer M.“, den König Friedrich Wilhelm III. Anfang dieses Jahrhunderts als Komposition eines dortigen Lehrers, Scholz, aus Torgau mitbrachte, vom König Wilhelm-Grenadierregiment Nr. 7 als Präsentiermarsch gespielt. Der seit 1806 von der preußischen Infanterie gespielte Präsentiermarsch ist eine Jugendkomposition Friedrich Wilhelms III. Der klassische „Yorksche M.“ stammt von Beethoven, der beim Einzug der verbündeten Truppen im März 1814 gespielte „Pariser Einzugsmarsch“ von dem 1855 gestorbenen Hofkapellmeister Walch in Gotha, der „Möllendorfmarsch“ aus dem Jahr 1846 vom Amtsrichter Möllendorf in Potsdam.

 Marschall von Biberstein, 2) Freiherr Karl Wilhelm, bad. Staatsmann, geb. 21. Dez. 1763 zu Stuttgart, studierte auf der Karlsschule Rechts- und Staatswissenschaften und trat 1792 als Hof- und Regierungsrat in badische Dienste; 1800 wurde er Vizepräsident, 1803 Präsident des Hofratskollegiums, 1806 Geheimrat, 1808 Hofrichter in Mannheim, 1809 nebst Reizenstein Staatsminister und übernahm 1810 das Ministerium des Innern. M. machte sich in dieser Stellung um die Organisation des so rasch vergrößerten, aus den verschiedensten Gebietsteilen zusammengesetzten Staats hochverdient. 1811 wurde er Gesandter in Stuttgart, 1814 badischer Bevollmächtigter auf dem Wiener Kongreß, wo er sich an der deutschen Verfassungsfrage eifrig beteiligte und die Integrität Badens gegen Bayerns Annexionsgelüste mit Erfolg verteidigte. Auch setzte er beim Großherzog die Verheißung einer landständischen Verfassung durch. 1815 kehrte er nach Stuttgart zurück, wurde 1817 wieder nach Karlsruhe zur Übernahme des Ministeriums berufen, starb jedoch schon 11. Aug. 1817. Er schrieb: „Untersuchungen über den Ursprung und die Ausbildung der gegenwärtigen Anordnung des Weltgebäudes“ (Gieß. 1802).

Marseille. Im Hafen von M. sind 1888: 8360 Schiffe mit 4,883,872 Ton. ein- und 7996 Schiffe mit 4,816,701 T. ausgelaufen. Vom Gesamttonnengehalt (9,700,573) entfielen 6,179,620 T. auf die französische Flagge. Die Reederei von M. umfaßt 233 Dampfer und 61 Segelschiffe. Davon besitzen die Compagnie des services maritimes des Messageries 57 Dampfer von 106,604 T., die Compagnie générale transatlantique (Fraissinet u. Komp.) 24 Dampfer von 20,920 T., die Société générale de transports maritimes 17 Dampfer von 22,246 T. Der Warenverkehr beim Zollamt von M. hatte einen Wert von 1002,5 Mill. Frank in der Einfuhr und von 663 Mill. Fr. in der Ausfuhr. Während im Zeitraum 1880–87 der Warenumsatz des Marseiller Hafens sich ziemlich gleichblieb, ergibt sich für 1888 eine erhebliche Steigerung, denn die Einfuhr betrug 2,838,204 T. (gegenüber 1887: mehr 247,479 T.), die Ausfuhr 1,786,746 T. (gegenüber 1887: mehr 110,867 T.). Die ordentlichen Einnahmen der Stadt beliefen sich 1887 auf 15,2 Mill. Fr., darunter aus dem Oktroi 121/2 Mill. Fr.

Marsh, George Perkins, amerikan. Staatsmann. Vgl. „Life and letters of G. P. M.“, von seiner Witwe Carolina Grane M. (New York 1888).

 Marshall, 2) William, Zoolog, geb. 6. Sept. 1845 zu Weimar, studierte in Göttingen und Jena, wurde 1867 erster Assistent am Reichsmuseum in Leiden, 1872 Sekretär der Großherzogin von Sachsen, habilitierte sich 1880 als Privatdozent für Zoologie und vergleichende Anatomie in Leipzig und wurde 1885 außerordentlicher Professor. Er lieferte zahlreiche Arbeiten über Anatomie der Vögel u. über niedere Tiere, besonders die Schwämme, und war namentlich auch als populärer Schriftsteller thätig. Er schrieb: „Spaziergänge eines Naturforschers“ (Leipz. 1888); „Die Tiefsee und ihr Leben“ (das. 1888); „Zoologische Vorträge“ (das. 1889, 4 Hefte: Spechte, Papageien, Ameisen) und unter dem Pseudonym Philopsyllus die litterarisch-naturhistorische Monographie: „Der Floh“ (Weim. 1880).

 Marsick, Martin, Violinspieler, geb. 9. März 1848 zu Jupille bei Lüttich von armen Eltern, erhielt seine musikalische Ausbildung am Lütticher, 1865–67 auf Kosten der Fürstin von Chimai am Brüsseler Konservatorium, studierte darauf noch unter Massart am Pariser Konservatorium und 1870 bis 1871 mit einem Stipendium der belgischen Regierung unter Joachim in Berlin, erregte zuerst 1873 zu Paris in den Concerts populaires als Violinist Aufsehen und unternahm seitdem mit wachsendem Erfolg weitere Konzertreisen, die ihn auch nach Deutschland führten. Er gehört gegenwärtig zu den bedeutendsten Geigern. Als Komponist hat M. die Violinlitteratur um einige effektvolle und gut musikalische Vortragsstücke bereichert.

Marston, 2) Westland, engl. Dichter, starb 5. Jan. 1890 in London.

 Martens, Friedrich von, Völkerrechtslehrer und Publizist, geb. 15. Aug. 1843 zu Pernau in Livland, absolvierte das Studium der Rechte an der Petersburger Universität, hörte dann noch in Wien, Heidelberg und Leipzig Vorlesungen, trat 1868 in das russische Ministerium des Auswärtigen und wurde hier dem Reichskanzler Fürst Gortschakow für besondere Aufträge attachiert. Seit 1871 ist er Professor des Völkerrechts an der Petersburger Universität sowie Professor des Staatsrechts an der kaiserlichen Rechtsschule und am kaiserlichen Alexander-Lyceum daselbst. Außer zahlreichen Aufsätzen in russischen, französischen und deutschen Zeitschriften sind von ihm erschienen: „Über das Recht des Privateigentums im Krieg“ (russ., Petersb. 1869); „Das Konsulatwesen und die Konsularjurisdiktion im Orient“ (russ., das. 1873; deutsch, Berl. 1874); „Recueil des traités et conventions conclus par la Russie avec les puissances étrangères“ (im Auftrag des Auswärtigen Ministeriums, Petersb. 1874–89, 9 Bde.; die ersten 5 Bde. die Verträge Rußlands mit Österreich, die letzten 4 die mit Deutschland enthaltend); „Die Brüsseler Konferenz und der orientalische Krieg von 1877 bis 1878“ (russ., das. 1878); „Internationales Recht; das moderne Völkerrecht der zivilisierten Nationen“ (zuerst russisch, dann deutsch, Berl. 1884–85, 2 Bde.; franz., Par. 1887–88, 3 Bde.); „La Russie et l’Angleterre en Asie centrale“ (Brüssel 1879, auch russ., deutsch u. engl. hrsg.); „La question égyptienne“ (das. 1882); „Le conflit de la Russie avec la Chine“ (das. 1881; auch deutsch u. russ.); „La conférence africaine de Berlin et la politique coloniale des états modernes“ (das. 1887). M. ist Vizepräsident des Instituts für Völkerrecht (Institut de droit international).

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 555. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0559.jpg&oldid=- (Version vom 15.1.2024)