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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

Marathon. Die Aufnahme der Landschaft Attika durch Offiziere und Beamte des preußischen Generalstabes hat für die Topographie der 28 qkm großen, durchaus flachen, aber von steilen Felsbergen scharf umränderten Ebene von M. und ihrer vier Ortschaften („ionische Tetrapolis“) neue Grundlagen geschaffen und die Ansichten geklärt. M. selbst wird nicht länger mehr in dem versteckt gelegenen heutigen Marathona gesucht (der von 550 Einw. bewohnte Ort ist erst unter der Türkenherrschaft entstanden), sondern 4 km südlich davon bei dem ärmlichen Dorf Vraná, dessen Lage die Ebene durchaus beherrscht. Vollständig gesichert ist die Lage von Trikorythos beim heutigen Káto Suli an der Nordwestecke des großen, dem Perserheer so verderblich gewordenen Sumpfes und von Oinoë beim heutigen Ninói, etwa 1 km westlich von Marathona. Probalinthos endlich wird an das südliche Ende der Ebene in die Gegend Valaría gesetzt, wo zwischen dem Sumpfe Vrexisa und dem Berg Agrieliki nur ein schmaler Paß nach S. führt. Die Schlacht selbst fand auf der freien Ebene zwischen dem Berg Stavrokoraki und dem Meer statt, etwa 3–4 km nordöstlich von Vraná, wo sich bei der Kirche Panagia Misosporitissa Reste eines Marmordenkmals erhalten haben und massenhafte Knochenreste gefunden worden sind. (Vgl. „Karten von Attika“, Blatt 18 u. 19, und A. Milchhöfers erläuternden Text, Heft 3–6, S. 40–54.)[WS 1]

 Marbach, 3) Johann, Führer der Straßburger Lutheraner, geb. 24. Aug. 1521 zu Lindau, gest. 17. März 1581 in Straßburg, studierte seit 1539 in Wittenberg, als einer der Haus- und Tischgenossen Luthers, Theologie, ging 1545 nach Straßburg als Diakonus an der Nikolaikirche; 1551 war er einer der Abgesandten Straßburgs zum Tridentiner Konzil und wurde 1552 Professor der Theologie und Präsident des Straßburger Kirchenkonvents. Der eifrige, aber nach Melanchthons Urteil nicht hinreichend unterrichtete (mediocriter doctus) Mann setzte sich Beseitigung der Tetrapolitana und aller zum schweizerischen Typus neigenden Lehrweise und Liturgie zur Lebensaufgabe. Sein Versuch, das Kontroversbuch des lutherischen Zeloten Tileman Heßhus über die leibliche Gegenwart Christi im Abendmahl mit Umgehung der Zensur und unter Angabe eines falschen Druckortes einzuschwärzen (1561), trug ihm einen Streit mit dem reformierten Professor Zanchi über die Prädestination ein; derselbe endigte mit dem Abgang des letztern 1563. Den französischen Prediger Garnier hatte er schon 1555, den Petrus Martyr Vermigli 1556 aus Straßburg verdrängt; 1577 wurde auf sein Betreiben der reformierte Gottesdienst in Straßburg ganz untersagt. Auch beteiligte sich M. in der Kurpfalz 1556 an der Einführung der Reformation und 1576 an der Zurückführung der Landeskirche zum Luthertum. „Bei der Norm und Regel ist er steif geblieben und weder zur Rechten noch zur Linken davon abgewichen“ heißt es in der Leichenrede. Beweis hierfür liefert sein „Christlicher und wahrhafter Unterricht von den Worten der Einsetzung des heiligen Abendmahls“ (1565). Vgl. Trenß, Situation intérieure de l’église luthérienne de Strassbourg sous la direction de M. (Straßb. 1857); „Zeitschrift für lutherische Theologie und Kirche“ (1872).

Marcard, Eduard von, Unterstaatssekretär im preuß. Ministerium für Landwirtschaft, wurde im Mai 1888 vom Kaiser Friedrich III. in den Adelstand erhoben.

Marceau, François Severin, franz. General. Seine Gebeine wurden 1889 nach Paris gebracht und daselbst 4. Aug. im Panthéon beigesetzt. Seine Biographie schrieb H. Maze (Par. 1888).

 Marcellus (spr. -ssellüs), Marie Lodois Jean André Charles Demartin du Tyrac, Graf von, franz. Hellenist und Diplomat, geb. 19. Jan. 1795 auf Schloß Marcellus (Lot-et-Garonne), ward nach der Restauration 1815 Gesandtschaftssekretär zu Konstantinopel, entdeckte 1820 die berühmte Statue der Venus von Milo (jetzt im Louvre), bekleidete dann andre diplomatische Ämter zu London, Madrid etc., trat nach der Julirevolution ins Privatleben zurück und starb im Juli 1865. Von seinen Werken sind hervorzuheben: „Souvenir de l’Orient“ (Par. 1839, 3. Aufl. 1861); „Vingt jours en Sicile“ (1841, 2 Bde.); „Chants du peuple en Grèce“ (1851, 2 Bde.); „Épisodes litteraires en Orient“ (1851, 2 Bde.); eine Ausgabe der „Dionysiaca“ des Nonnos mit Übersetzung (1856); „Chateaubriand et son temps“ (1859); „Les Grecs anciens et les Grecs modernes“ (1861).

 Marchal (spr. -schall), Charles François, franz. Maler, geb. 1828 zu Paris, bildete sich bei François Dubois und Drolling und widmete sich anfangs dem Pariser Sittenbild, worin er es nach wenigen Jahren zu bedeutenden Leistungen brachte. Später lebte er zwei Jahre in dem gewerbfleißigen Städtchen Buchsweiler im Elsaß, wo er sich unter der Bevölkerung, deren eigenartige Trachten er mit Vorliebe darstellte, sehr heimisch fühlte. Er zeigte viel Empfindung und gesunden Humor in den anmutigen Frauengestalten, aber dem Kolorit fehlt es bisweilen an Wärme. Von seinen Bildern nach Pariser Motiven sind die bedeutendsten: das Namensfest der Mutter und der letzte Kuß; unter den Darstellungen aus dem Elsässer Leben: das Innere eines Wirtshauses an einem Festtag in Buchsweiler (1861), Luthers Choral (1863), der Mägdemarkt in Buchsweiler (1864), die Frühlingszeit (1866), der Morgen und Abend im Elsaß (1873). Später stellte er in Paris noch den ersten Schritt (1876) und Penelope und Phryne (Pariser Szene) aus. Vermeintliche oder wirkliche Zurücksetzung und eine zunehmende Augenschwäche, die ihn am Arbeiten verhinderte und ihm Nahrungssorgen zu bereiten anfing, trieben ihn 31. März 1877 zum Selbstmord.

Marchesi, 2) Mathilde, veröffentlichte: „Aus meinem Leben“ (Düsseld. 1888).

 Marchetti (spr. -ketti), Filippo, ital. Opernkomponist, geb. 26. Febr. 1835 zu Bolognola (Camerino), Schüler des Conservatorio San Pietro a Majella in Neapel, machte sein Debüt 1856 zu Turin mit der Oper „Gentile da Varano“, der 1857 zu Turin und Rom „La demente“ folgte. Trotz des guten Erfolgs dieser Erstlingswerke vermochte er ein neues Werk: „Il Paria“, in Rom, wo er sich als Gesanglehrer niedergelassen hatte, nicht zur Aufführung zu bringen und siedelte deshalb nach Mailand über. Dort fand er anfangs die gleichen Schwierigkeiten, brachte aber endlich 1865 „Romeo et Giulietta“ am Carcanotheater heraus, womit er völlig durchschlug, obwohl zu gleicher Zeit Gounods gleichnamige Oper an der Scala in Szene ging. Gleiche Sensation erregte er 1869 mit der Oper „Ruy Blas“, die am Scalatheater zur Aufführung kam und als sein Hauptwerk gelten kann. Seine neuesten Werke: „L’amore alla prova“ (1873), „Gustavo Wasa“ (1875) und „Don Giovanni d’Austria“ (1880) hatten nur geringen Erfolg. Dagegen erfreuen sich seine ein- und zweistimmigen Lieder dauernder Beliebtheit bei seinen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ernst Curtius (Hg.): Karten von Attika. Berlin 1881–1903 UB Heidelberg
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 552. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0556.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2023)