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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

Marine eine mehr oder weniger eigentümliche, keineswegs von ihrem Tonnengehalt abhängige ist; so stehen in Frankreich Schiffe von 7000 und 3000 Ton. unter derselben Benennung, unter den Kreuzern erster Klasse solche von 2400 und unter denen zweiter Klasse solche von 3000 T. aufgeführt; in der deutschen Marine hat die Kreuzerkorvette Irene 4400 T., während die Kreuzerfregatten der Bismarckklasse 2856 T. haben; ebenso verschieden ist der Kampfwert dieser Schiffe, der sich aus vielen Faktoren: Bauart, Fahrgeschwindigkeit, Kohlenvorrat, Armierung etc., zusammensetzt. Dazu kommt, daß in jeder Marine in derselben Klasse alte und neue Schiffe aufgeführt sind, deren Kampfwert fast ebenso verschieden ist wie ihr Alter. Hiervon werden indessen alle Flotten fast gleichmäßig betroffen.

Die Kriegsflotten der europäischen Seemächte (Anfang 1890).
Länder Gepanzerte Kreuzer Kano­nen­boote Avi­sos Torpedo­flottille Zu­sam­men
Schlacht­schiffe Küsten­vertei­diger Kreu­zer 1. 2. 3. größere Fahr­zeuge Tor­pedo­boote
Klasse
Dänemark 4 4 1 2 6 8 1 28 54
Deutschland 12 15 8 11 7 3 7 8 109 180
England 44 8 17 19 48 41 137 4 148 447
Frankreich 24 20 13 21 16 16 16 45 24 180 395
Griechenland 4 1 1 12 1 31 50
Italien 16 2 191 22 10 7 126 202
Niederlande 2 21 8 1 4 16 32 107
  in Indien 23
Norwegen 4 2 2 13 9 30
Österreich: operative Flotte 12 32 42 53 56 96
für spezielle Zwecke4 2 3 5 6
Portugal 1 6 16 4 27
Rußland: Ostseeflotte 6 13 10 35 16 11 7 2 37 105
Schwarze Meer-Flotte 4 2
20
1 86 113
Flottille in Sibirien 1 9 6 16
Flottille auf dem Kaspisee 4 4
Schweden 2 14 1 3 14 1 38 73
Spanien 1 3 3 13 10 9 56 1 15 111
Türkei 14 4 2 22 4 22 5 28 101
1 Darunter 12 Panzerdeckschiffe. – 2 Torpedoschiffe. – 3 Torpedofahrzeuge genannt. – 4 Stations- und Missionsschiffe. – 5 Panzerdeckschiffe.

Von einer bloßen Angabe der an Bord aufgestellten Anzahl Geschütze wäre kein Nutzen zu versprechen, wenn nicht auch ihr Kaliber, Geschütz- und Geschoßkonstruktion, lebendige Kraft, Durchschlagskraft und Sprengladung der Geschosse etc. mit aufgeführt würden, denn der Kampfwert der Geschüße ist nicht nur nach der Größe ihres Kalibers, sondern auch nach der Leistungsfähigkeit innerhalb desselben Kalibers ein sehr verschiedener. Während die englischen Schlachtschiffe heute noch zum größten Teil mit den veralteten Vorderladern von berüchtigter Haltbarkeit armiert sind, sind in andern Marinen schon Krupps Geschütze neuester Konstruktion vertreten. Auch der Wert der Torpedoboote ist ein sehr verschiedener, die englischen und französischen haben sich zum großen Teil bei den Flottenübungen nicht bewährt; in Frankreich sind wegen mangelnder Seefähigkeit 51 ganz neue Torpedoboote gestrichen worden. Die angegebene Zahl der Torpedoboote ist nur annähernd richtig, da der Bestand fortwährend sich ändert. Alle noch im Bau befindlichen Schiffe sind in der Tabelle nicht enthalten.

Kriegsministerium. Am 1. Jan. 1890 hat das preußische K. eine einstweilige, durch die vermehrten und neuzeitlichen Forderungen der Heeresverwaltung hervorgerufene Organisation erhalten, die mit dem 1. April d. J. dauernd in Kraft tritt. Die geschäftliche Bezeichnung der Departements und ihrer Abteilungen mit Buchstaben und Ziffern ist folgende: A Allgemeines Kriegsdepartement, A1 Armeeabteilung, A2 Abteilung für Fußtruppen (Infanterie, Fußartillerie etc.), A3 Abteilung für berittene Truppen (Kavallerie, Feldartillerie), A4 Festungsabteilung (bisher Ingenieurabteilung); B Militär-Ökonomiedepartement, B1 Kassen-, B2 Verpflegungs-, B3 Bekleidungs-, B4 Servis-, B5 Bauabteilung; C Departement für Invalidenwesen, C1 Pensions-, C2 Unterstützungs-, C3 Anstellungsabteilung; D Waffendepartement, D1 Handwaffen-, D2 Geschützabteilung (einschließlich Trainangelegenheiten), D3 Technische Abteilung, letzterer sind die Artilleriewerkstätten, die Geschützgießerei, die Geschoßfabriken, Pulverfabriken und das Feuerwerkslaboratorium unterstellt; selbständige Abteilungen sind die Remontierungs- und die Medizinalabteilung. Vom K. ressortieren ferner: die Direktion des Potsdamer Militärwaisenhauses, die Ober-Militärexaminationskommission, die Generalmilitärkasse, die Inspektionen der Feldartillerie der Infanterieschulen, der Gewehrfabriken, des Militärveterinärwesens und der Militärstrafanstalten, die Traininspektion, das Militärreitinstitut, die Artillerie-Prüfungskommission, die Artillerie-Depotinspektionen, die Zeughausverwaltung zu Berlin, endlich die militärärztlichen Bildungsanstalten, die evangelische und die katholische Feldpropstei.

Kriegssanitätswesen. Das deutsche K. hat einen großen Fortschritt zu verzeichnen durch die Einführung einer vollständigen Ausrüstung für antiseptische Wundbehandlung vom Truppenverbandplatz und Hauptverbandplatz bis zum Reservelazarett. Als Norm für die antiseptische Wundbehandlung ist die Verwendung des Sublimatmulls angenommen worden. Der Sublimatmull wird teils im Frieden in den Garnisonlazaretten, teils auch im Krieg durch die Feldapotheker hergestellt. Als Irrigationsflüssigkeit dient die 1proz. Sublimatlösung, zu deren Herstellung teils konzentrierte Mutterlösung, teils Sublimat in Substanz mitgeführt wird. Für die Desinfektion der Instrumente ist flüssige konzentrierte Karbolsäure und zur fernern Wundbehandlung Jodoform in großen Mengen vorhanden. Große Massen von Kambrik- und Gazebinden, Sublimatwundwatte in Preßstücken, Sublimatmull in abgepaßten Stücken sind in den Truppenmedizinwagen und den Sanitätswagen der Sanitätsdetachements und der Feldlazarette vorrätig. Nicht mit Sublimat präparierter Mull im Stück sowie entfettete Watte in Preßstücken werden gleichfalls in den Wagen mitgeführt. Als Hauptprinzip bei dieser Neuausstattung tritt das Bestreben hervor, eine möglichst frühzeitige Bedeckung der Wunde mit einer vor Infektion von außen schützenden antiseptischen Hülle zu ermöglichen.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 511. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0515.jpg&oldid=- (Version vom 9.10.2023)