Seite:Meyers b17 s0383.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

Gesellschaftsinseln. Nachdem England seinen auf den mit Frankreich 19. Juni 1847 abgeschlossenen Vertrag begründeten Widerspruch gegen die Annexion der Inseln unter dem Wind 30. Mai 1888 aufgegeben hatte, sind dieselben von Frankreich förmlich in Besitz genommen worden. Es sind dies die Inseln Raiatea, Tahua, Borabora, Huahine und einige kleine Eilande. Dafür hat Frankreich gemäß eines 16. Nov. 1887 abgeschlossenen Vertrags seine nach den Neuen Hebriden abgesandten Truppen zurückberufen.

Geß, Wolfgang Friedrich, Theolog, veröffentlichte den Schlußband von „Christi Person und Werk“ (Bd. 3, Basel 1887).

 Geßler, 2) Friedrich Leopold, Graf von, preuß. General, geb. 24. Juni 1688 zu Schwarzenau in Ostpreußen, trat 1703 in preußische Dienste und focht als junger Reiteroffizier im spanischen Erbfolgekrieg unter Fürst Leopold von Dessau. Beim Regierungsantritt Friedrichs d. Gr. Generalmajor und Chef eines Kürassierregiments, ward er für seine ausgezeichneten Leistungen in der Schlacht bei Chotusitz 1742 zum Generalleutnant befördert und erhielt den Schwarzen Adlerorden. Am berühmtesten ward er durch den Reiterangriff, welchen er in der Schlacht bei Hohenfriedeberg 4. Juni 1745 an der Spitze der Baireuth-Dragoner ausführte, und durch welchen er 20 österreichische Bataillone vernichtete sowie 67 Fahnen und 5 Geschütze eroberte. Er ward zum Lohn in den Grafenstand erhoben. 1757 schied er wegen Schwerhörigkeit aus dem Dienst und starb 22. Aug. 1762 in Brieg. 1888 wurde das rheinische Kürassierregiment Nr. 8 nach ihm benannt.

  3) Friedrich, Schriftsteller, geb. 14. Nov. 1844 zu Lahr, wurde Kaufmann, machte 1870 als freiwilliger Jäger bei der württembergischen Felddivision den Feldzug gegen Frankreich mit, kehrte dann nach Lahr zurück und ist seit 1875 Vorsteher der dortigen Reichsbanknebenstelle. Er ermittelte 1865 das Grab der Friederike von Sesenheim und beschaffte mit Hugo Ölbermann die Mittel, dasselbe mit einem Denkmal zu schmücken, wozu er die Anthologie „Friederiken-Album“ (Lahr 1867) herausgab, welche sein Drama „Reinhold Lenz“ enthält. Ebenso gab er 1879 Veranlassung zur Errichtung des Grimmelshausen-Denkmals in Renchen, für welches er auch die Inschriften dichtete. Von ihm erschienen bisher: „Sonette eines Feldsoldaten“ (Stuttg. 1871); „Kassandra“, Tragödie (Lahr 1876); „Diether und Walheide“, eine Erzählung in Versen (das. 1881); die epische Dichtung „Hohengeroldseck“ (das. 1887) und das humoristische Gedicht mit schwäbischer Lokalfärbung „Der Röhrle von Häfner-Neuhausen“ (Rost. 1887), welches wohl als sein gelungenstes Werk betrachtet werden darf.

Geßner, 1) Salomon, Dichter. Sein Leben beschrieb H. Wölfflin (Frauenfeld 1889).

Getreide. Bei der Beurteilung des Getreides kommt sein Volumgewicht bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Trockenheit zunächst in Betracht. Man muß daher von verschiedenen Sorten gleiche Raummaße unter ganz gleichen äußern Einflüssen, also bei derselben Temperatur und in derselben Zeit, trocknen und wägen. Betrügerische Kornhändler pflegen das G. am Abend vor dem Markttag zu netzen, um das Volumen zu vermehren. Ergreift man eine Handvoll G. im Sack, drückt fest zusammen und öffnet dann schnell die Hand, so bleiben die Körner, wenn sie genetzt worden waren, zusammengeballt, selbst wenn keine Feuchtigkeit durch das Gefühl wahrnehmbar ist. Es gibt auch noch andre Merkmale, die indes von geringer juristischer Bedeutung sind. Im Verdachtsfall schließt man eine Probe des Getreides vor Zeugen luftdicht ein und läßt den normal 13–15 Proz. betragenden Wassergehalt an einer Samenprüfungsanstalt feststellen. G. darf anderseits nicht zu stark ausgetrocknet sein, da sonst die Kleie sich nicht hinreichend ausmahlt und das Mehl gelblich wird. Das G. soll vollkommen reif, aber nicht zu alt sein, denn bei dauernder Lagerung verliert der Kleber an Elastizität, das Fett wird ranzig, die Farbe dunkler. Um den Körnern Glanz und Frische zu erteilen und das Volumgewicht zu erhöhen, wird das G. geölt (geschönt). Auf 1000 kg Weizen reicht 0,5–1 kg Rüböl aus, und man erzielt wegen der größern Glätte der Körner eine Zunahme des Volumgewichts bis 4 Proz. Das Öl beeinträchtigt aber das vollständige Ausmahlen und die Haltbarkeit des Mehls. Zur Erkennung des Ölens drückt man die Körner zwischen Papier, wobei es gelbe Ölflecke erzeugt. Schüttelt man das G. mit etwas Kurkumapulver, so wird es besonders am Bart und in der Kerbe von anhaftendem Pulver gelb gefärbt; ungeöltes nimmt das Pulver durchaus nicht an. Ähnlich verhält sich Bronzepulver, welches nach dem Schütteln dem geölten G. beim Reiben zwischen Fließpapier eine goldige Bronze erteilt. Schüttet man auf ganz reines Wasser eine geringe Menge Kampferpulver (welches so wenig wie das Innere des Gefäßes mit dem Finger berührt werden darf), so geraten die Partikelchen in Rotation, welche aber sofort aufhört, wenn geöltes G. in das Wasser geschüttet wird. – Zur Litteratur: Wollny, Die Kultur der Getreidearten (Heidelb. 1887); Rümker, Anleitung zur Getreidezüchtung (Berl. 1889); Mucke, Deutschlands Getreideverkehr mit dem Ausland (Greifsw. 1887); Derselbe, Der Getreidekonsum in Berlin (Dresd. 1889).

Gevelsberg, Regierungsbezirk Arnsberg, seit 1886 Stadt, gehört seit 1887 zum Kreise Schwelm.

Gewebe. Die Prüfung der G. hat zunächst ihre Festigkeit zu ermitteln, welche in der Richtung der Kettenfäden eine andre ist als in der Richtung des Schusses. Man schneidet deshalb appreturfreie Streifen aus beiden Richtungen, 35 mm breit und 250 mm lang, und zupft an beiden Längsseiten in einer Breite von 5 mm die Fäden aus, so daß ein 25 mm breiter voller Streifen stehen bleibt. Dieser Streifen wird in eine Festigkeitsmaschine (Frömbling in Gadderbaum bei Bielefeld) eingespannt, welche zugleich die Ausdehnung bis zum Zerreißen notiert. Die folgende Tabelle gibt einige Anhaltspunkte zur Beurteilung der Resultate:

Gewebe Gewicht
pro
Quadrat­meter
in Gramm
Fadenzahl
auf 25 mm
Festigkeit eines
Streifens von
10 cm Breite
in Kilogr.
Kette Schuß Kette Schuß
Kaliko ungebleicht 129–135 56 53 90 74
blau, Futter- 110–170 60 51 58 50
Leinen zu Hemden 225–235 32 28 73 67
Futter 205–215 26 22 105 100
Sommerhosen 240–260 33 30 230 144
Leinenzwilch, ungebleicht 320–340 30 29 230 200
Orléans, schwarz (halb­wollen) 63–69 72 62 36 30
Militärtuch (mittel) 80–85 37 37 57 52
Rocktuch, fein, Kunstwolle 30 25 35 34
Schafwollstoffe  Blusen 60–64 46 43 67 53
Futter 45–49 42 37 54 40
Kammgarnstoff, schwarz 50 60 55 100 92
Seide, gewöhnliche, glatte 20 120 110

Die Appretur wird oft durch halbstündiges Auskochen

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 379. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0383.jpg&oldid=- (Version vom 28.4.2022)