verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17 | |
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Unter den Festländern lassen sich mehrere Einheiten unterscheiden. Die erste ist Indoafrika, die größte Tafel der Erde. Es umfaßt das südliche und mittlere Afrika, Madagaskar und Vorderindien. Diese Tafelländer sind seit dem Ende der Karbonzeit nie mehr vom Meer bedeckt worden. Die Wüstentafel der Sahara mit Ägypten, Syrien und Arabien schließt sich nördlich daran an; dieselbe war zur Kreidezeit und teilweise bis in die Tertiärzeit überflutet. Faltung ist diesem Teil seit dem Ende der paläozoischen Zeit fern geblieben, nur von Brüchen ist er umgeben und durch den Indischen Ozean zerschnitten. Die zweite Einheit bildet Südamerika, auf drei Seiten von Gebirgen umgürtet und nur gegen den Atlantischen Ozean ohne sichtbare Leitlinien abgebrochen. Die jüngsten Spuren von Meeresbedeckung sind brackische Ablagerungen, die wahrscheinlich mitteltertiär sind. Die dritte Einheit ist Nordamerika; die Faltung ist seit ältester Zeit durch den ganzen Kontinent gegen W. gerichtet. Nachdem das Kreidemeer sich von der Mitte des Kontinents zurückgezogen, bedeckte ein brackisches und süßes Binnenmeer das Land. Was von der Alten Welt nach Ausscheidung von Indoafrika übrigbleibt, kann als Eurasia bezeichnet werden. Der Bau dieses Erdteils zeigt die größte Mannigfaltigkeit; der ganze südliche Teil ist, in Falten gelegt, die gegen Indoafrika vordringen und die Grenze beider Erdteile bezeichnen. Viele Faltenzüge sind von sehr jungem Alter und haben ihre Bewegungen vielleicht noch nicht abgeschlossen; Einbrüche wie des Ägeischen Meers, des Pontus und des nördlichen Teils des Adriatischen Meers haben sich erst in jüngster Zeit vollzogen; als ein Rest der frühern Meeresbedeckung kann das Kaspische Meer angesehen werden. Bemißt man das Alter eines Kontinents nach der Zeit, seit welcher die größten Ebenen desselben zuletzt vom Meer verlassen worden sind, so ist Eurasia die Neue Welt, Nordamerika die Alte Welt; noch viel älter als Nordamerika ist aber Indoafrika.
✽ Gebirgstruppen, aus Infanterie und Artillerie bestehende Spezialtruppen für den Gebirgskrieg. Wenngleich große Kämpfe in Gebirgen nicht vorkommen können, weil Gebirge die taktische Entwickelung größerer Truppenmassen nicht zulassen, so wird die Verteidigung der Grenzgebirge zwischen feindlichen Staaten in künftigen Kriegen doch von großem Einfluß auf den Verlauf der letztern sein können, wenn dieselbe dem Gebirge angepaßt wird. Zu diesem Zweck sind die Grenzgebirge überschreitenden Straßen und Eisenbahnen durch Befestigungen gesperrt (Frankreich, Italien) und G. aufgestellt, welchen der Sicherungs- und Aufklärungsdienst im Gebirge zufällt, weil zum Verkehr auf Gebirgspfaden und Kämpfen daselbst besondere Ausrüstung und Ausbildung erforderlich sind. Mit Ausnahme Deutschlands haben alle großstaatlichen Heere Gebirgsartillerie, Italien und Frankreich auch Gebirgsinfanterie; s. Alpenkompanien und Artillerie (Bd. 1). Frankreich hat durch Gesetz vom 28. Dez. 1888: 12 Bataillone Jäger à 6 Kompanien und 12 Batterien, für Algerien 8, zusammen 20 Gebirgsbatterien als G. aufgestellt.
Gebler, 1) Tobias Philipp, Freiherr von. Sein Briefwechsel mit Nicolai wurde von R. M. Werner herausgegeben („Aus dem Josephinischen Wien“, Berl. 1888).
✽ Geddes, Ort im nordamerikan. Staat New York, Grafschaft Onondago, 9 km von Syracuse, am Eriekanal, mit Salzwerken und (1880) 3629 Einw.
Geffcken, Friedrich Heinrich, Rechtsgelehrter, gehörte zu den vertrauten Freunden des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (Kaiser Friedrich III.), dem er schon 1850 auf der Universität zu Bonn näher getreten war. Dagegen war er von Bismarcks Auftreten an dessen entschiedenster Gegner, weswegen ihn Bismarck auch nicht im Reichsdienst verwendete. Dies trug nicht wenig dazu bei, den ehrgeizigen Mann zu reizen und ihn in das Lager der Mißvergnügten zu treiben, die es Bismarck nicht verzeihen konnten, daß er Beamte, die nicht mit ihm übereinstimmten, fern hielt und durch sein langes Verbleiben an der Spitze der Staatsregierung so viele hinderte, ebenfalls sich an derselben zu beteiligen. G. gehörte zu jenen Orthodoxen, die aus Haß gegen den Reichskanzler die deutsche Politik ebenso hartnäckig und ewig nörgelnd angriffen wie die Demokraten. Er tadelte den Kulturkampf, die orientalische Politik des Reichskanzlers und die Militärgesetze, besonders auch als (anonymer) Mitarbeiter der englischen Zeitschrift „Contemporary Review“. 1878 ließ er sich vergeblich als Kandidat der Strengkonservativen in Heilbronn für den Reichstag aufstellen. Nachdem er 1881 seine Professur in Straßburg aufgegeben und den Titel eines Geheimen Justizrats erhalten, schrieb er eine ganze Reihe von Artikeln über den orientalischen Krieg, über das englische Kolonialreich u. a. in der „Deutschen Rundschau“ (gesammelt als „Politische Federzeichnungen“, Berl. 1888) und verkehrte eifrig persönlich und brieflich mit dem Kronprinzen, auf den er seine Hoffnung setzte; mit Roggenbach und Stosch entwarf er schon 1885 den Erlaß an den Reichskanzler, den Kaiser Friedrich III. 12. März 1888 nach seiner Thronbesteigung an diesen richtete. Als Kaiser Friedrich 15. Juni 1888 gestorben war, wollte G. sich sofort in Gemeinschaft mit Roggenbach mit einer Denkschrift an Kaiser Wilhelm II. wenden, welche die Gefährlichkeit einer Machtfülle, wie sie Bismarck in sich vereinige, für die Monarchie darlegte; doch wurde die Absicht aufgegeben. Um jedoch Bismarcks Politik zu verdächtigen und den ihm gebührenden Ruhm, den Hauptanteil an der Errichtung des Deutschen Reichs zu haben, zu schmälern, veröffentlichte G. in der Oktobernummer der „Deutschen Rundschau“ ohne Nennung seines Namens ein Tagebuch des Kronprinzen Friedrich Wilhelm über den französischen Krieg 1870 bis 1871 („Aus Kaiser Friedrichs Tagebuch 1870/71“), welches der Kronprinz ihm 1873 vertraulich mitgeteilt, und von dem er sich heimlich eine Abschrift genommen hatte; der Kronprinz hatte die Veröffentlichung nie beabsichtigt. Einige Stellen hatte G. aus Diskretion, wie er sagte, unterdrückt und hauptsächlich die Äußerungen und Aufzeichnungen des Kronprinzen mitgeteilt, welche beweisen sollten, daß König Wilhelm und Bismarck nur zögernd an die Aufrichtung des Reichs gegangen, daß sie nur schwer zur Annahme des Kaisertitels zu bewegen gewesen waren, und daß der Kronprinz, um dem Reich eine feste Einheit zu geben, vergeblich auf energisches Einschreiten gegen die süddeutschen Fürsten, ja nötigen Falls auf Drohung mit Gewalt, um sie zum Verzicht auf die Reservatrechte zu bewegen, gedrungen habe. Obwohl das Erscheinen des Tagebuchs von der Verlagshandlung im voraus angekündigt war und bei der Loyalität derselben die Veröffentlichung durch rechtzeitiges Eingreifen hätte verhütet werden können, so ließ sich die Reichsregierung doch völlig durch sie überraschen, und in der ersten Erregung über dieselbe in einem Zeitpunkt, da der Kaiser sich zu einem Besuch der süddeutschen
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0371.jpg&oldid=- (Version vom 15.12.2024)