verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17 | |
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Wasser einzelne feste Mineralteilchen beigemischt, so wird zwar seine Kraft um den Betrag der zum Transport derselben nötigen Arbeit verringert, dafür üben aber feste Körper und besonders Sandkörner eine viel intensivere Wirkung auf die die Flüssigkeit umgebenden Wände aus als das gleiche Volumen Wasser; die mitgeführten Mineralpartikelchen führen eine abreibende und schleifende Thätigkeit auf den Untergrund aus, die bei fließendem Wasser als Korrasion bezeichnet wird. Ist das Wasser eines Flusses mit so viel Sediment belastet, als es bei der betreffenden Geschwindigkeit fortschaffen kann, so wird die ganze lebendige Kraft des fließenden Wassers zum Transport des suspendierten Materials verbraucht, und es findet keine Korrasion statt. Ist die Belastung des Wassers an einem bestimmten Punkt geringer als die der Geschwindigkeit entsprechende volle Belastung, so nimmt es Material vom Boden auf und vertieft durch Korrasion sein Bett; ist es hingegen an einem Punkt überlastet, so wird ein Teil des Materials abgelagert und das Bett erhöht. Die Geschwindigkeit, mit der die Korrasion fortschreitet, hängt einerseits von der Härte, Größe und Masse des suspendierten Materials ab, anderseits von der Beschaffenheit des das Bett bildenden Gesteins und der Strömungsgeschwindigkeit. Jeder Fluß hat das Bestreben, durch Beseitigung der Unebenheiten im Bett ein gleichmäßiges Gefälle herzustellen. Die Gesamtheit der Erosionsvorgänge wird in hohem Grade durch die meteorischen Niederschläge und die Verteilung derselben über das Jahr beeinflußt. Sind diese letztern auf eine bestimmte Jahreszeit beschränkt, so werden dadurch Transport und Korrasion beschleunigt, die Verwitterung hingegen wird verringert. Die Transportfähigkeit wächst sowohl durch zunehmende Strömungsgeschwindigkeit als durch Vergrößerung der Wassermasse; tritt diese zu einer bestimmten Jahreszeit ein, so wird die Transportkraft größer sein, als wenn dieselbe gleichmäßig über das Jahr verteilt wäre.
Die ersten Wirkungen der E. kann man auf gleichförmig abfallendem, aus lockerm, homogenem Material zusammengesetztem Boden nach jedem Regenguß beobachten. Das abfließende Wasser hat sich Rinnsale ausgegraben, die nicht direkt zum Thal hinunterziehen, sondern einander zuströmen und sich in einer Abzugsrinne vereinigen. Die fernere Ausgestaltung eines Rinnsals geht von dem tiefsten
Fig. 1. Längenprofil einer Erosionsrinne. | |
Punkt aus. Bezeichnet aedb (Fig. 1) den ursprünglichen Wasserlauf auf einer geneigten Fläche, a das Quellgebiet, b die Ausmündung in eine dem Abhang vorgelagerte Thalsohle, in welcher bei o ein größerer Fluß strömt, so ist die größte Wassermasse auf der Strecke cb vereint, wo die E. zuerst einsetzt. Das fließende Wasser hat das Bestreben, sich eine Furche von gleichmäßiger Breite mit senkrechten Wänden zu graben. Ist eine solche für eine mehr oder minder lange Strecke oberhalb b hergestellt, so wird das größte Gefälle und die stärkste Erosionskraft rückwärts, weiter nach d, verlegt werden. Gleichzeitig lagert der Bach die Erosionsprodukte als Schuttkegel am Fuß des Gehänges von b thalaufwärts ab und fließt in mehreren Wasserrinnen darüber hin. Nach jedem stärkern Regenguß findet man das Bett oberhalb b vertieft und den Schuttkegel erhöht, gleichzeitig ist das Quellgebiet nach rückwärts verlegt. Vertiefung der einmal gebildeten Bachrinne und Verlängerung derselben nach rückwärts gehen in gleichem Maß vor. Im Quellgebiet ist die E. am geringsten, dann folgt ein Abschnitt, in dem sie am stärksten wirkt, hierauf ein Teil, in dem weder E. noch Ablagerung stattfindet, endlich der Schuttkegel, der nur durch Ablagerung entsteht. Das Bachbett nimmt also nacheinander eine Gestalt an, die in Fig. 1 durch die gestrichelten Linien bezeichnet ist. Ist der Anfang der Erosionsrinne von d nach e und schließlich bis ins Quellgebiet nach a zurück verlegt, so verschiebt sich der Abschnitt der stärksten E. nach d1d2d3, bez. nach e1e2. Jeder Wasserlauf, der von der Quelle bis zur Mündung an Wassermenge zunimmt, ist bestrebt, der Thalsohle ein solches Gefälle zu geben, daß an jedem Punkte die Transportkraft des Wassers und die Geschiebelast sich das Gleichgewicht halten. In diesem Fall würde weder eine Vertiefung noch Aufschüttung des Bettes möglich sein. Aber dieser Zustand wird niemals dauernd erreicht, da verschiedene Faktoren, wie wechselnde Wassermenge, Erweiterung des Quellgebiets und Bewegungen der Erdrinde, stets störend in den Erosionsprozeß eingreifen. Die Endkurve der E. ist durch die Höhe des Meeresniveaus an der Mündung des Flusses bestimmt, von diesem Punkt aus regelt sich die Gefällskurve. Ihre Lage hängt von dem Verhältnis der Strömungsgeschwindigkeit und der Belastung mit Sediment ab, letztere ihrerseits wieder von der Neigung der Wasserläufe im Quellgebiet. Die Quellflüsse schneiden ständig ein und ermäßigen dadurch ihr Gefälle. Dieser Umstand vermindert aber die Masse der Sedimente, der Fluß kann in seinem untern Teil damit wieder seine einschneidende Thätigkeit aufnehmen und die Erosionskurve tiefer legen; die verstärkte E., welche hierdurch im Oberlauf angeregt wird, führt ihrerseits wieder größere Sedimentmassen dem Unterlauf zu. Daher hören Einschneiden und Ablagern nie ganz auf, nur die einzelnen Abschnitte im Flußlauf verlängern oder verkürzen sich und verschieben sich dabei nach rückwärts. Das Endziel der E. ist, das Gefälle in eine Kurve zu bringen, welche sich von der Quelle bis zur Mündung beständig verflacht. Im obern Teil nimmt das Sammelbecken die Gestalt eines halb umschlossenen Trichters an. An den Wänden desselben ziehen sich radial und nach der Tiefe zu konvergierend Runsen hin, die das Wasser dem eigentlichen Bachbett zuführen. Auch in diesem Sammeltrichter arbeitet die E. an den Wänden und sucht sie nach rückwärts zu verlegen. Stoßen die Rückwände der Sammelbecken von zwei nach entgegengesetzten Richtungen abfließenden Bächen aneinander,
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0310.jpg&oldid=- (Version vom 13.12.2024)