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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12

II


Wendekreises sowie Arabien und die Induslandschaft ein; von Nordafrika gehören nur die Küstenländer am Mittelmeer nicht dazu. Das Gebiet zeichnet sich durch außerordentliche Trockenheit und Regenlosigkeit sowie durch hohe Tagestemperatur bei starker Abkühlung während der Nacht aus. Niederschläge treten fast nur im Winter und vorzugsweise im Nilthal ein. In den Thalfurchen (Wadis) und Thalbecken (Oasen) wird die Vegetation durch unterirdische Wasserläufe begünstigt. Die Hauptcharakterpflanze des Gebiets ist die Dattelpalme. In der salzfreien Wüste besteht die Vegetation vorherrschend aus blattlosen Sträuchern und vereinzelten Grasrasen, auf salzhaltigem Boden aus fleischigen oder dornigen Halophyten.

8) Das Florengebiet von Sudân umfaßt alle Landschaften Afrikas nördlich und südlich vom Äquator bis zum 20. Parallelkreis sowie einige Küstenländer Arabiens. Vor der Sahara ist es durch die Tropenregen begünstigt, deren Eintritt dem Zenithstand der Sonne folgt. In der Vegetation herrscht ein beständiger Wechsel zwischen Savannen mit mannshohen Gräsern und dicht bewaldeten Landschaften. Charakteristische Formen bilden die Baobab-Bäume (Adansonia), der riesenblätterige Ensete-Pisang (Musa Ensete), Mimosen, Tamarinden, Sykomoren, Dum-, Deleb- und Ölpalmen sowie armleuchterartig verzweigte Euphorbien.

9) Das Florengebiet der Kalahariwüste liegt rings um den Wendekreis des Steinbocks zwischen dem 20. und 29.° südl. Br. und entspricht der Sahara, hat aber etwas reichlichere Niederschläge als diese. Eine besonders merkwürdige Pflanzenform des Gebiets ist die zu den Gnetaceen gehörige Welwitschia. Sonst wachsen Dornsträucher und Acacia-Arten in der von Grasbüscheln bedeckten Wüste.

10) Das Gebiet der Kapflora nimmt die Südspitze Afrikas nördlich bis zum Oranjefluß ein; in seinen klimatischen Verhältnissen ähnelt es Südeuropa, leidet aber auf der Fläche seines Hochlandes durch Regenmangel und Sommerdürre. Die Vegetation wird vorwiegend von niedrigen, immergrünen Sträuchern mit fahlem, oft nadelartigem Laub aus den Familien der Erikaceen und Proteaceen gebildet; auf dürrem Boden wachsen Euphorbien und Aloe-Arten; auch Sukkulenten, wie Mesembryanthemum, sind häufig. Während der Regenzeit erscheinen zahlreiche Zwiebel- und Knollengewächse mit schön gefärbten Blüten. Eine auffallend große Anzahl von Pflanzengattungen ist dem Kapland ausschließlich eigentümlich.

11) Das australische Florengebiet zerfällt in mehrere klimatische Abschnitte, nämlich einen tropischen nördlichen Teil, einen rings um den Wendekreis liegenden Wüstengürtel und eine südliche Regenzone. Das Gebiet ist im allgemeinen durch Wasserarmut benachteiligt; dem entsprechend treten die Holzgewächse mit saftlosem, ausdauerndem Laub, wie die Eukalypten und Proteaceen, oder mit verkümmerten, zu Scheidenzähnen umgestalteten Blättern, wie die Kasuarineen, auf. Einen großen Teil des Kontinents nehmen Grassavannen ein, die bisweilen mit vereinzelten Bäumen besetzt sind; niedrige Gesträuche bilden oft undurchdringliche Dickichte (scrubs). Den heißfeuchten Teilen des Gebiets fehlen auch tropische Formen, wie Farnbäume und Palmen, nicht. Australien ist durch eine sehr große Zahl ihm allein eigentümlicher, endemischer Pflanzenarten ausgezeichnet und übertrifft darin noch das Kapland.

12) Das nordamerikanische Waldgebiet erstreckt sich nördlich bis zur Baumgrenze, südlich bis zum Oregon und bis zur Mississippimündung. Es hat ähnliche klimatische Abschnitte wie das europäische Waldgebiet, ist aber im allgemeinen unter gleichen Breitengraden kälter als Europa. Auf einen Nadelholzgürtel im Norden folgt in Kanada und in den nördlichen Staaten eine Zone sommergrüner Laubhölzer, unter denen besonders Eichen, Eschen, Walnuß- (Juglans, Carya) und Ahornarten häufig sind. Auch einige Repräsentanten tropischer Familien, wie der Tulpenbaum, eine Magnolie und die Bignoniacee Catalpa, kommen hinzu. In den Südstaaten folgt eine Zone immergrüner Laubhölzer, in Südcarolina treten schon Sabalpalmen, an der Küste von Florida und Louisiana auch Mangrovebäume auf. Die nordamerikanische Flora hat im ganzen etwa nur die Hälfte der Gattungen mit Europa gemein. Hauptsächliche Kulturpflanzen sind: der Mais, der bis zum 50.° nördl. Br., Zuckerrohr, das am Mississippi bis zum 35.° nördl. Br. hinaufgeht, Tabak besonders in Virginia und Baumwolle in den Südstaaten.

13) Das sich über Oregon, Nebraska, Utah, Kansas, Neumexiko und Texas erstreckende Präriengebiet ist eine baumlose Steppe, die mäßig strenge Winter, Frühlingsregen und dürre Sommer besitzt. Die am meisten auffallende Gewächsform des Gebiets bilden die Kakteen mit cylindrischen oder prismatischen, kugeligen oder eiförmigen, einfachen oder kronenartig verzweigten Stämmen, deren Blätter zu Dornen verkümmert sind; auf die südlichen Prärien beschränken sich die durch große Blattrosetten ausgezeichneten Agaven.

14) Das kalifornische Küstengebiet, außer Kalifornien auch den Küstenstrich westlich von der Sierra Nevada umfassend, hat ein ausgeprägtes Seeklima mit milden Wintern und kühlen Sommern. Im oberkalifornischen Küstenland ist die Landschaft waldig, vorherrschend sind Nadelhölzer aus den Gattungen Pinus, Cupressus, Chamaecyparis, Torreya und Sequoia; zu letzterer Gattung gehören die größten Koniferen der Erde, die Mammutbäume oder Wellingtonien (Sequoia gigantea), die in der Sierra Nevada wachsen. Im südlichen Kalifornien treten ähnlich wie in Südenropa Maquisgebüsche auf.

15) Das mexikanische Florengebiet, vom Wendekreis des Krebses bis zum Isthmus von Panama reichend, zerfällt, entsprechend seiner klimatischen Gliederung, in verschiedene pflanzengeographische Abschnitte; eine rings um den Mexikanischen Golf gelegene Zone hat eine reichliche Tropenvegetation mit Palmen, Cykadeen, Aroideen, Bromeliaceen, wie die Ananas, und Orchideen, darunter die Vanille. Dagegen bildet die mexikanische Hochebene mit dürrem Plateauklima eine baumlose Steppe; in der von den Anden durchzogenen pazifischen Zone breitet sich wieder ein Gürtel tropischer Wälder aus. Hier an der pazifischen Küste sind die Kokospalmen einheimisch.

16) Das westindische, von den Großen und Kleinen Antillen sowie den Bahamainseln gebildete Gebiet steht unter der Herrschaft des Passatwindes, der hier an den Nordküsten auf Gebirge trifft und daher starke Niederschläge veranlaßt. Das feuchtwarme Klima findet in einer großen Zahl tropischer Bäume, darunter Palmen, wie die Kohlpalme, Farnbäume, Lianen, Epiphyten, Scitamineen und Aroideen, seinen entsprechenden Ausdruck. Auf den Großen Antillen müssen die Urwälder mehr und mehr den Zucker- und Kaffeeplantagen weichen.

17) Das cisäquatoriale Florengebiet Südamerikas, die Länder diesseit des Äquators umfassend, zeichnet sich an seinen Küstenstrichen hauptsächlich durch lange Dauer der Niederschläge und dem entsprechende Entwickelung der Urwälder aus, während im Innern des Landes etwa bis zum 6.° nördl. Br. weite Savannen (Llanos) ein trockneres Klima andeuten. In den Urwäldern herrschen die Formen des Lorbeers und der Tamarinden vor, unter den Palmen sind die zwergig wachsende Carludovica, die das vegetabilische Elfenbein liefernde Phytelephas und die Hutpalme (Manicaria) charakteristisch; dazu kommen zahlreiche Lianen aus den verschiedensten Pflanzenfamilien.

18) Das Gebiet des äquatorialen Brasilien oder die Hyläa, vom Äquator etwa bis zum 10.° südl. Br. reichend, besitzt in den massenhaften Niederschlägen der Regenzeiten und in den Überschwemmungen des Amazonenstroms eine äußerst reichliche Wasserzufuhr, die auch in dem Charakter der Vegetation sich ausprägt. Im eigentlichen Überschwemmungsgebiet mit dem palmenreichen Igapowald stehen die Bäume monatelang unter Wasser. Im Gegensatz dazu steht der nicht überflutete,

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 960c. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s0960c.jpg&oldid=- (Version vom 31.5.2022)