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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11

erscheint. Derselbe vereinigt die Vorzüge großer Einfachheit, Festigkeit und Elastizität mit geringem Fadenverbrauch, welcher nur ungefähr das 21/2fache der Nahtlänge beträgt. Er ist deshalb auch längst als der vorzüglichste Nähmaschinenstich anerkannt und weitaus am meisten in Gebrauch gekommen. Die Herstellung dieses Stiches erfolgt immer mittels zweier Fäden, eines Oberfadens und eines Unterfadens, und zwar in der Weise, daß durch die Schlinge (Fig. 1), welche sich unterhalb des Stoffes gebildet hat, der aufgespulte Unterfaden hindurchgeführt wird und beim Anziehen der Schlinge des Oberfadens das vollständige Zurückgehen desselben hindert, wodurch die aus Fig. 2 ersichtliche Kreuzung des Ober- und Unterfadens in der Mitte des Stoffes bewirkt wird. Die Art und Weise, wie das Hindurchführen des Unterfadens durch die Schlinge geschieht, bildet den charakteristischen Unterschied der verschiedenen den Doppelsteppstich nähenden Maschinensysteme. Der nächstliegende Gedanke war der, den Unterfaden, auf einer kleinen Spule aufgewickelt, in ein Schiffchen (s. Tafel, Fig. 3) zu legen und dieses wie nach Art der Weberschütze durch die Schlinge des Oberfadens hindurchzuschießen. Schon die ersten von Erfolg gekrönten Nähmaschinen benutzten dieses Prinzip, und noch heute haben die

Fig. 2. Doppelsteppstich.

Schiffchenmaschinen, welche zuerst von der Singerschen Nähmaschinenfabrik in New York so vollkommen konstruiert wurden, daß die Singer-N. typisch geworden ist, die weiteste Verbreitung, insbesondere auch deshalb, weil dieses System sich sowohl für leichte als schwere Näharbeit, z. B. in Leder, Filz u. dgl., eignet. Zur Bildung des Stiches gelangt hierbei die Nadel zunächst, den Stoff durchdringend, bis in ihre tiefste Stellung, macht dann zur Bildung der Schlinge eine kurze Aufwärtsbewegung, verharrt in dieser Stellung, um das Schiffchen passieren zu lassen, und steigt endlich rasch in die höchste Stellung, um nach sofortiger Vorrückung des Stoffes um die Stichlänge das Spiel von neuem zu beginnen. Damit das Schiffchen durch die Schleife schlüpfen kann, darf dasselbe bei seiner Bewegung nicht mit andern Maschinenteilen fest verbunden sein; es liegt vielmehr lose in dem Schiffchenkorb, welcher auf verschiedene Weise, am einfachsten mittels Kurbel und Schubstange (s. Tafel, Fig. 4), hin und her bewegt wird. Man erkennt hier in h den Schiffchenkorb mit dem Schiffchen s, das an der vertikalen Wand hin- und hergeht, wenn der Korb zwischen den Gleitschienen m, durch die Schubstange g von der Kurbel k angetrieben, hin- und hergleitet. – Statt des Schiffchens dient ebenfalls außerordentlich häufig zum Durchbringen des zweiten Fadens durch die Schleife der sogen. Greifer, eine Erfindung des Amerikaners Wilson, der mit Wheeler zusammen hierauf das Wheeler-Wilson-Nähmaschinensystem oder Greifersystem begründete. Der Unterfaden ist hier auf einer aus zwei gebogenen Stahlplatten bestehenden Spule (Fig. 5) aufgewickelt, welche, mit etwas Spielraum in einem Lager liegend, keine ausgesprochene Bewegung macht, sondern sich nur nach Maßgabe des Fadenverbrauchs etwas drehen kann, während ein rotierender Haken, Greifer, auch wohl rotierendes Schiffchen genannt (Fig. 6), die Schlinge des Oberfadens, welche sich unterhalb des Stoffes gebildet hat, erfaßt und in höchst eigentümlicher Weise so bewegt und ausdehnt, daß sie über die ruhende Spule hinweggeführt wird, was offenbar denselben Erfolg hat, als wäre die Spule durch die Schlinge geführt worden. Zur Veranschaulichung dieses Vorganges dienen die Figuren 6–9. In der ersten Stellung (Fig. 6) dringt soeben die Spitze d des Greifers e durch die Schlinge und verhindert sie, der aufwärts steigenden Nadel zu folgen. Im Innern des Greifers liegt die Spule a (Fig. 7), welche in Fig. 6 zur bessern Darstellung der Form des Greifers herausgenommen ist. Durch einen in den Figuren ebenfalls weggelassenen Vorsetzer, Brille genannt (Fig. 18 M), wird die Spule vor dem Herausfallen gesichert. In Fig. 7 ist durch die Drehung des Greifers die Schlinge so weit mitgenommen, daß der Teil b derselben, durch die Form des Greifers gezwungen, sich hinter die Spule gezogen hat, während der ursprünglich hinter dem Greifer liegende Teil c durch die Nute e, in welche er sich bei der Drehung hineinlegt, nach vorn, also auch vor die Spule geführt wird. In der Stellung

Fig. 10. Kettenstich.

Fig. 8, in welcher die Schlinge schon zum größten Teil über die Spule hinweggezogen ist, macht es sich nötig, die Schlinge durch ein Bürstchen f zurückzuhalten, bis die Stellung Fig. 6 des Greifers wieder eingetreten ist, damit sie nicht ein zweites Mal von der Spitze des Greifers erfaßt und dann unfehlbar zerrissen werde. Diese Stellung ist in Fig. 9 wieder eingetreten; die für den nächsten Stich gebildete Schlinge wird erfaßt und die erste Schlinge zusammengezogen, indem sie den Faden zur Erweiterung der zweiten liefert. Die Nadel hat bei dieser Maschine eine nach dem Kurbelgesetz geregelte Bewegung, welche von einem Exzenter abgeleitet ist. Sie sitzt gewöhnlich an einem kreisbogenförmig schwingenden Hebel und muß daher selbst nach diesem Bogen gekrümmt sein. Die Wheeler u. Wilson-Maschine hat als Familienmaschine sehr große Verbreitung gefunden und wird auch in Deutschland vielfach gebaut.

Der Kettenstich (Textfig. 10) gibt auf einer Seite des Stoffes eine Steppnaht, auf der andern hingegen eine kettenartige Verschlingung der Stiche. Er wird nur mit einem einzigen Faden hergestellt, braucht aber trotzdem an Garn das 31/2–4fache der Nahtlänge. Die Kettennaht ist sehr elastisch und fest, kann jedoch, besonders wenn ein Fehlstich entstanden ist (s. Fig. 10, a), leicht der ganzen Länge nach aufgetrennt werden, was dieser Naht wenig Sicherheit verleiht. Die Herstellung des Kettenstichs erfolgt in der Weise, daß, nachdem sich unterhalb des Stoffes beim Zurückgehen der Nadel die Schlinge gebildet hat (Textfig. 1), dieselbe durch ein schwingendes oder rotierendes Häkchen zurückgehalten wird und bei der nächsten Abwärtsbewegung der Nadel eine solche Lage einnimmt, daß sie von derselben durchstochen werden

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 984. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b11_s0984.jpg&oldid=- (Version vom 14.8.2024)