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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11

Übersicht der Menschenrassen und Völkerschaften.


freier Stirn, vorspringender Nase, Haar blond, braun, schwarz, Bart stark entwickelt, Augen gerade liegend, oft blau, Wangen gerötet.

a) Germanen oder teutonische Völker, ursprünglich dolichokephal, jetzt als Deutsche namentlich in Süd- und Mitteldeutschland durch allmähliche Mischung mit allophylen Elementen mittel- bis kurzköpfig. Holländer, Vlämen, Skandinavier (in Dänemark, Schweden und Norwegen), meso- bis dolichokephal, Angelsachsen in England.
b) Slawen, jetzt Brachykephale, in der Osthälfte Europas Russen (Tafel „Asiatische Völker“, Fig. 35), Polen, Tschechen, Wenden, Serben.
c) Letten, Altpreußen, Litauer.
d) Kelten (Gallier, Iren oder Ersen, Gälen, Wallonen).
e) Gräkoitaliker, jetzt Grundstock der Mischvölker der Neugriechen (mit Slawen gemischt), Italiener, Spanier, Portugiesen, Franzosen, mit Elementen von d) und a). Die heutigen Rumänen sind romanisierte Thraker.
f) Albanesen (Skipetaren).
g) Iranier (Eranier) in Vorderasien (die alten Meder und Perser): die jetzigen Perser oder Tadschik, die Osseten, Georgier, Armenier, Kurden, Afghanen (Tafel „Asiatische Völker“, Fig. 25, 26, 27, 33, 34).
h) Die Hindu in der vorderindischen Halbinsel; sie haben durch Vermischung mit den Drawida die Reinheit der Rasse verloren (Fig. 32).

Eine Anzahl älterer Völker Europas ist in ihrer Stellung zu dieser Gruppe zweifelhaft und gehört wahrscheinlich einem andern Grundstamm an, so: die Illyrier, Ligurier, Iberer, Etrusker, Rätier, letztere noch in der Bevölkerung Graubündens und gewisser Teile Tirols fortlebend, erstere in den heutigen Italienern, Portugiesen und Spaniern aufgegangen. Auch die Stellung der Basken (Euscaldunac) mit ganz isoliert stehender Sprache (Euscara) im nordöstlichen Spanien und Südwesten Frankreichs ist unsicher (hamitische Beziehungen?).

2) Semiten in Vorderasien und auf der Nord- und Westküste Afrikas. Hautfarbe zwischen lichtem und dunklem Braun, Nase meist gebogen, schmale Lippen, scharf gezeichnete Brauen, Schädel meist mesokephal oder dolichokephal.

a) Aramäer (Syrer und Chaldäer).
b) Araber. Himjariten, Joktaniden oder Nedschdi, Beduinen (Tafel „Afrikanische Völker“, Fig. 4, und Tafel „Asiatische Völker“, Fig. 28).
c) Hebräer, Juden, überallhin zerstreut (Tafel „Asiatische Völker“, Fig. 29). Die russisch-polnischen Juden sind vielleicht von den Juden des Mittelmeers ethnisch verschieden und gehören nicht zu den Semiten, sondern sind stark mit Iraniern und selbst Mongolen (Chasaren) gemischt.
d) Die Assyrer und
e) die Phöniker des Altertums.

3) Hamiten oder Berbervölker, auch nach Hartmann Mazigh, Imosagh (Imorscharh) genannt, in Nordafrika (nilotische Familie). Hautfarbe dunkelbraun, auch gelblich- und rotbraun, Haar kurz, Bart spärlich, Schädelgestalt zwischen Dolichokephalie und Mesokephalie, die Kiefer treten ein wenig vor, Habitus negerähnlich. Sie werden oft „Äthiopier“ genannt. Manche hierhin gehörende Völker sind durch Vermischung mit Semiten entstanden, in vielen scheint nigritisches Blut (s. oben) stark vertreten. – Hierher gehören auch die Altägypter (Retu), deren reinste Nachkommen noch in den heutigen Kopten fortleben.

a) Berbervölker (nach R. Hartmann), bräunlich gefärbt, vom matt gelblichbraunen Inkarnat des Südeuropäers bis zum dunkeln Schwarzbraun; sie haben schlichtes oder gekräuseltes Haar. Im Osten: Fulbe, Kopten (Tafel „Afrikanische Völker“, Fig. 6, 7), Berâbra, Nubier (Fig. 12), Dankla (Dongolawi), Gonga etc.; im Westen: West-Libyer, die sogen. Mauren oder Kabylen, Tuareg, Berber (Fig. 10), Amazirghen (Mazigh, Imoscharh, Marokkaner; Fig. 3) und die nunmehr ausgestorbenen Guanchen auf den Kanarischen Inseln.

b) Bedschavölker (nach R. Hartmann), braune, bald in Schwärzlich, bald in Gelblich und häufig in Rötlich übergehende Hautfarbe und meist schlichteres, nur wenig gekräuseltes Haar. Zu ihnen gehören die eigentlichen Abessinier (Fig. 19, 20), die Soho, Danakil, Bedscha, d. h. Ababdeh, Bessarin und die von Reisenden als Hidschas-Araber, im Volk als Arab, Urban oder Beduan bezeichneten Nomaden in Nubien, Senaar und in einem Teil von Zentralafrika, nämlich die Bakara, Hamar und Suah. Alle diese lehnen sich in manchen Beziehungen teils an einige Völkerschaften Arabiens, teils an nigritische Stämme näher an.


Anhang:
Völker unbestimmter Rasse.

1) Drawidavölker, die Urbevölkerung Indiens vor dem Eindringen der brahmanischen Arier, jetzt mit diesen in verschiedenster Proportion verschmolzen und rein nur in gewissen Stämmen erhalten: Mundavölker (Kol, Santal, Kuli, Ramusi, Warali, Katkari, Bhilla, Mera und Mina) und die eigentlichen Drawida (Brahui in Belutschistan, Tamil oder Tamul, Telinga oder Telugu, Kanaresen, Malajalam oder Malajalma, Tulu oder Tuluwa, Toda, Kota, Gond, Radschmahal-Kol). Sehr dunkle, ja schwarze Haut, langes, schwarzes, lockiges, nie wolliges oder büschelförmiges Haar, starkes Körper- und Barthaar. Vielfach edlere Gesichtszüge, fehlende Prognathie. Die Drawidavölker werden von Flower der kaukasischen Rasse zugerechnet. Huxley vereinigt sie mit den Bewohnern Australiens (und den alten Ägyptern) zu einer „australoiden“ Rasse.

2) Singhalesen und Wedda auf der Insel Ceylon (Tafel „Asiatische Völker“, Fig. 30, 31); dieselben haben in ihrer Sprache weder die Fürwörter noch die Flexionselemente mit den Drawidasprachen gemeinsam; sie stehen den Völkern ad 1) nahe. Dunkelbraun, glatthaarig, nicht oder nur mäßig prognath.




Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 476e. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b11_s0476e.jpg&oldid=- (Version vom 14.6.2022)