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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11

die Wärme sehr schlecht, sind aber gegen Temperaturwechsel empfindlich und werden von Flugasche, Metalloxyden und basischen Schlacken stark angegriffen. Ähnlich ist der Ganister; auch eisenarmer Bauxit, Magnesia, Dolomit liefern sehr brauchbare feuerfeste Steine. Kokssteine bestehen aus gesiebter Kokslösche, die mit Thonschlamm gemischt wird. Den Mauersteinen schließt sich auch die Terrakotta an, gebrannte, unglasierte Gegenstände aus gelbem oder rotem Thon, oft durch aufgelegte andersfarbige Ornamente verziert, welche zu Bildwerken oder Bauornamenten, wie Turmspitzen, Portal- und Fensterverzierungen, Kreuzblumen, Rosetten etc., benutzt werden. Sie werden aus feinem Thon in sehr verschiedener Weise geformt, oft engobiert und der Wetterbeständigkeit halber scharf gebrannt. Vor dem gehauenen Stein, den sie ersetzen, haben sie den Vorzug der leichten mechanischen Vervielfältigung des Originals und, da sie hohl gefertigt werden, der weit größern Leichtigkeit voraus.

Zu Drainröhren benutzt man einen guten, fetten, namentlich von allen Steinchen sorgfältig befreiten, oft geschlämmten Thon, welcher stets auf Maschinen geformt wird. Die Maschine preßt ihn durch ein Mundstück mit ringförmigem Durchlaß, und von dem wulstförmigen Hohlkörper, den man durch Walzen oder ein endloses Tuch fortführt, werden Stücke von 0,3–0,5 m Länge abgeschnitten. Die durch Dampf getriebene Maschine von Marshall in Hull, bei welcher die Knetmaschine den Thon direkt durch das Mundstück hindurchpreßt, liefert bei 4–6 Pferdekräften täglich 2000 Röhren. Dichteres Material erzielten die Maschinen mit Walzendruck, wie die von Jordan u. Sohn in Darmstadt (Fig. 5 u. 6), die auch zur Herstellung von Hohlziegeln geeignet sind. Am verbreitetsten sind Maschinen mit Kolbenpressung für Hand- und Dampfbetrieb. Bei der Claytonschen Röhrenpresse wird ein vertikaler Cylinder mit Thon gefüllt, während in einem andern ein durch Zahnstangen abwärts getriebener Stempel den Thon durch das im Cylinderboden angebrachte Mundstück herauspreßt. Hierauf wird der frisch gefüllte Cylinder durch einen passenden Mechanismus an die Stelle des entleerten gebracht. Mit diesen Pressen stimmen im Prinzip die Maschinen zur Herstellung der Wasserleitungsröhren überein. Hier ist der Preßkolben zugleich Kolben einer hydraulischen Presse, deren Cylinder in derselben Achse mit dem Thoncylinder oberhalb des letztern angeordnet ist. Der große Druck, den die hydraulische Presse ausübt, sichert eine hinreichende Dichtigkeit des Fabrikats. Die geformten und geschnittenen Röhren bringt man mittels einfacher, mit Gabelzinken versehener Instrumente auf die Trockengestelle und schützt sie sorgfältig vor Wind und Sonne. In kleinern Ziegeleien brennt man sie zusammen mit Mauersteinen. Für rationellern Betrieb benutzt man besondere Öfen, z. B. den runden, gewölbten Ofen von Parkes (Fig. 7) mit zehn Feuerungen, deren Gase, nachdem sie die Ware erhitzt haben, durch Zugöffnungen im Gewölbe entweichen. Man stellt auch mehrere derartige Öfen mit nur je einer Feuerung um einen gemeinschaftlichen Schornstein, läßt die Flamme in der Ofenmitte emporsteigen, durch die Ware niedersinken, am Umfang des Ofens in den Fuchskanal und dann in einen zweiten Ofen treten, um hier die Röhren vorzuwärmen. Der Claytonsche Ofen (Fig. 8 u. 9) mit viereckiger Grundform hat in zwei gegenüberliegenden Seiten je 3 Feuerungen, und die Feuerungsgase ziehen durch das Gewölbe ab. Zwei solcher Öfen werden mit gemeinschaftlicher Scheidemauer nebeneinander erbaut.

Geschichtliches. Aus den ältesten Zeiten Ägyptens sind M. bekannt, welche denen gleichen, die auf manchen Feldziegeleien auch in Europa noch heute hergestellt werden. Man benutzte ungebrannte und gebrannte, in Babylonien auch Steine mit lebhaft farbigen Glasuren. Griechen und Römer verwendeten M. und bekleideten das Mauerwerk mit Marmor oder Putz. Der römische Ziegelbau verbreitete sich über Italien, Gallien, Hispanien, Britannien und zum Teil auch über Deutschland. Aber von dieser Zeit an datiert eine Periode des Verfalls, welcher erst seit dem 12. Jahrh. eine neue Blüte folgte. Gotische Bauwerke zeigen eine große Vollkommenheit der Ziegeltechnik, welche mit Vorliebe auch glasierte, farbige M. verwendete. Mit dem Vordringen der Renaissance verfiel aber dieser Industriezweig sehr schnell, man begnügte sich vielfach selbst mit Luftsteinen, und im 17. Jahrh. befand sich die Ziegelfabrikation auf sehr niedriger Stufe. Erst die neueste Zeit hat eine Wendung zum Bessern gebracht, die Einführung der Maschinen und die Konstruktion des Ringofens begründeten eine ganz neue Epoche, zumal gleichzeitig auch die Beachtung wissenschaftlicher Verhältnisse immer mehr Boden gewann. Der wieder zur Geltung gekommene Rohbau verfügt über ein schöneres Material, als je zuvor hergestellt wurde. Die erste Maschine, welche die Handarbeit nachahmte, konstruierte der Nordamerikaner Kinsley 1799; Maschinen, welche einen Thonstrang liefern, der zerschnitten wird, gaben Hattenberg in Petersburg 1807 und Deyerlein in London 1810 an, und seit 1824 tauchten zahlreiche neue Konstruktionen auf, aber erst in der neuesten Zeit gewann die Benutzung der Maschinen allgemeinere Verbreitung. Vgl. Heusinger v. Waldegg, Die Ziegel- und Röhrenfabrikation (3. Aufl., Leipz. 1876); Neumann, Ziegelfabrikation (Weimar 1874); Liebold, Die neuen kontinuierlichen Brennöfen für Ziegelfabrikation (das. 1876); Zwick, Die Natur der Ziegelthone und die Ziegelfabrikation der Gegenwart (Wien 1878); Olschewsky, Katechismus der Ziegelfabrikation (das. 1880).

Mauerwerk dient im Befestigungswesen zur Herstellung von Hohlbauten (s. Kasematte) aller Art, wie zur Bekleidung von Böschungen, namentlich der Eskarpe u. Kontreskarpe, um bei trocknen Gräben die Festung sturmfrei zu machen (vgl. Festung, S. 180). In diesem Sinn ist das M. entweder anliegend oder frei stehend. Die Kontreskarpe hat stets anliegendes M., weil frei stehendes dem Angreifer Deckung geben würde. Das anliegende M. der Eskarpe, häufig Revetement genannt, bildet ganze oder halbe Futtermauern; erstere haben 7–10 m Höhe und sind sturmfrei, halbe Futtermauern haben 3–7 m Höhe. Um dem Bodendruck des Wallkörpers zu widerstehen, erhält die äußere, die Stirnfläche durch Abnahme der Mauerstärke von unten nach oben eine Neigung, Talus, welche bei ältern Mauern bis 1/5, bei neuern 1/101/12 der Höhe beträgt. Die obere übergreifende Reihe größerer Steine, Kordonsteine, als Traufsteine dienend, heißt der Kordon, die durch ihn bezeichnete umlaufende Linie die Magistrale, im frühern Festungsbau die Basis der Konstruktion. In alten Festungen steht zuweilen auf dem Kordon zur Bekleidung der äußern Brustwehrböschung eine niedrige Tabletmauer. An die Rückseite der Futtermauern werden Strebepfeiler zur Verstärkung gegen Bodendruck angesetzt; werden dieselben nach hinten verlängert und überwölbt, um den Erddruck

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 11. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b11_s0353.jpg&oldid=- (Version vom 24.3.2022)