Seite:Meyers Universum 9. Band 1842.djvu/27

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
CCCLXXIX. Batalha (das Schlachtenkloster) bei Leiria
in Portugal.




„Von Lissabon nach Leiria sind’s 20 Meilen. Ich hatte die Landreise dahin schon beschlossen, als ich erfuhr, das Portoer Dampfschiff werde auf seiner nächsten Reise an der Mündung des Lys anlegen, um einige Regierungsbeamte an’s Land zu setzen, deren Dienstgeschäfte einen längern Aufenthalt an der Küste erheischten. Leiria liegt nur 8 Stunden von der Küste. Die Gelegenheit festhaltend, ordnete ich schnell meine Angelegenheiten in Lissabon und fuhr den nächsten Tag in aller Frühe ab.“

„Es war ein Märzmorgen, weder heiter und hell, noch warm und drückend: sondern duftig, kühl und erquickend, erinnernd an die ersten Maimorgen der fernen, deutschen Heimath. Wie im Fluge rauschte der Dämpfer den Tajo hinab, dessen fernrückende Ufer sich unserm Auge bald im Nebelflor verbargen. Selten zeigte sich ein Segel auf der dünstenden Fluth, und dieß nur auf Augenblicke: denn so schnell gleiteten wir den Strom hinab, daß jeder begegnende Gegenstand gleich wieder verschwand. Der alte maurische Wächter des Tajo, Belem, rief uns seinen Gruß donnernd in die offene See nach, und der herrlichste Tag folgte dem nebeligen Morgen. Spiegelglatt war das Meer, und während die Segelschiffe in der Windstille fast unbeweglich liegen bleiben mußten, durchschaufelten wir die Fluth ohne Rast. Zuweilen näherten wir uns der Küste, die bald flache Landzungen, bald Vorgebirgshäupter mit Mauerkronen uns entgegenstreckte; – meistens aber blieb sie zu fern, sie zu erkennen. Der Nachmittag wurde sonnig und warm. Die heiterste Stimmung belebte die Schiffsgesellschaft. Alles sammelte sich gegen Abend auf dem Verdeck, und holder Frauengesang sagte der scheidenden Sonne, welche die schimmernde Fläche mit rother Gluth übergoß, gute Nacht. Selbst die Fische der Tiefe schienen geweckt zu seyn vom hellen Glanze, der in ihr dunkles Reich gedrungen; sie kamen in Schwärmen nach oben. Den Mücken in der Abendsonne gleich, trieben sie allerlei Spiel und wurden dabei so übermüthig und muthwillig, daß sie oft aus dem Wasser schnellten, Purzelbäume in der Luft machten und Räder schlugen. Delphine schossen hin und her und schreckten die spielenden Schaaren, oder sie ließen sich von den glühenden Wellen schaukeln.“