Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Neunter Band | |
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gleiten und das zermalmente Aufstoßen vermieden wird. Im ganzen Prozeß des Kohlentransports tritt der Mechanismus und die sinnreiche Benutzung nichts kostender Naturkräfte an die Stelle der menschlichen Arbeit, und in der möglichsten Ersparung der letztern, wovon man in Deutschland z. B. kaum etwas weiß, liegt der Schlüssel zu dem Räthsel, wie es möglich ist, daß bei der Kostspieligkeit der ersten Anlage und bei einem Preise für Handarbeit, der zwei bis dreimal so groß ist, als bei uns, die britischen Kohlengrubenbesitzer doch aus den dort so sehr niedrigen Kohlenpreisen noch Vortheil ziehen können.
Die reichsten Kohlenminen Englands sind in den nördlichen Grafschaften, in Northumberland, Durham, York, Nottingham, Derby, Stafford, Lancaster und Cumberland. Die Kohlenschichten der zwei letztern Grafschaften haben eine Mächtigkeit von 2 bis 7 Fuß, die in Stafford aber bis zu 30 Fuß. Es liegen öfters 4–12 Schichten übereinander, durch mehr oder weniger mächtige Zwischenlager von Schieferthon und Sandsteinen getrennt; aber von vielen sind, seltene Fälle ausgenommen, nur einige bauwürdig, d. h. hinlänglich dick, um die Kosten zu ersetzen. – Die Newcastler Minen und jene von Sunderland liefern die meisten Kohlen für London zur Zimmerheitzung; sie sind sehr fett und brennen bei schwachem Luftzug mit heller Flamme. Zur Verkoakung für die meisten metallurgischen Prozesse ist eine fette (bituminöse), beim Glühen aufschwellende und eine poröse, feste Kohle (Koak) hinterlassende Steinkohle brauchbar. Man unterscheidet in England an 70 Steinkohlenarten, die sich in mehre Familien ordnen.
Von der jährlichen Kohlenausbeute in Großbritannien (1000 Millionen Centner, die einen Werth von etwa 18 Millionen Pfund Sterling haben) verbraucht London allein etwa 140 Millionen Centner; 160 Mill. consumirt die Eisenfabrikation; die übrigen Industrien nehmen etwa 280 Mill., Eisenbahnen und Dampfschiffahrt 90 Mill. hinweg. Ausgeführt werden etwa 25 Millionen Centner. In den Kohlenbergwerken und in allen denselben unmittelbar dienenden Anstalten sind 280,000 Arbeiter beschäftigt, welche wöchentlich etwa 1¾ Millionen Gulden Lohn empfangen. Blos auf der Tyne (bei Newcastle) sind 9000 Keelmen mit der Beförderung der Kohle auf dem Flusse beschäftigt. 27,000 Fluß- und Canalfahrzeuge und 11,000 größere Seeschiffe dienen zum Kohlentransport. Sie führen eine Bemannung von 120,000 Matrosen, mehr als die ganze Kriegs- und Handelsmarine Frankreichs, Oesterreichs, Preußens und Rußlands zusammen! – Die Länge der von den Kohlenwerken nach den Häfen oder Ladeplätzen führenden Eisenbahnen beträgt 1900 englische Meilen, folglich mehr als alle jetzt fahrbaren Eisenbahnen des europäischen Continents. –
Ich denke nie ohne Aufregung der Stunde, da ich, während meines Aufenthalts in England, zum Erstenmale ein Kohlenwerk besuchte. Es war im hohen Sommer. Wir gingen von Newcastle das Tynethal hinauf. Schwül war’s; schwarze, weißrandige Gewitterwolken standen am Himmel; von der Erde aber, vor uns,
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Neunter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Philadelphia 1842, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_9._Band_1842.djvu/199&oldid=- (Version vom 3.1.2025)