Seite:Meyers Universum 9. Band 1842.djvu/197

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Uebergewicht Englands in der metallurgischen und jeder andern Industrie, bei welcher Brennstoffe einen großen Verbrauch haben; daher die Fähigkeit, seine Kohlen mit Vortheil in die halbe Welt abzusetzen und selbst dahin welche zu versenden, wo sich Minen und reiche Kohlenlager befinden. Das geregelte Ineinandergreifen großartiger mechanischer und Kapitalkräfte bewirkt das Uebrige. Ein englisches Kohlenwerk ist wie ein Uhrwerk. Wo man hinblickt, ist Thätigkeit, Ordnung.

Einen kleinen, krüppelhaften Bergbau, wie er in den deutschen Kohlendistrikten meistens vorkommt, und wie er auch in den schottländischen und irischen noch zu finden ist, kennt man in England gar nicht mehr. Er hat dem großartigsten Betriebe Platz gemacht, der Millionen zu seiner Einrichtung fordert, aber auch Hunderttausende abwirft. In jetziger Zeit ist der Angriff eines neuen Kohlenbergbaus ein schon sehr bedeutendes Unternehmen, dem nur große Kapitalkräfte gewachsen sind.

Die erste Arbeit nämlich auf einem zur Ausbeutung bestimmten Kohlenfelde ist das Abbohren desselben, um über Lagerung und Mächtigkeit der Kohlenstraten Auskunft zu erlangen. Da man jetzt meistens zu einer Tiefe von 1000 Fuß und darüber dringen muß, so frißt diese gewagte Untersuchung vornweg eine große Summe, oft 10,000 bis 30,000 Pfund Sterling. Auf die damit erlangten Resultate gründet sich nun der Angriffs- und Abbauplan. Das Abteufen des Maschinenschachts, der zur Hebung der Wasser aus dem ganzen Felde bestimmt ist, welches in Bau genommen werden soll, folgt zunächst. Es ist die schwierigste und kostspieligste Arbeit; denn der Schacht wird in der Regel auf der tiefsten Stelle des Kohlenflötzes niedergebracht. Oefters kostet er, weil er nicht selten von oben bis unten, also oft über 1000 Fuß tief, mit eisernen Cylindern, oder Ringen, wasserdicht ausgesetzt werden muß, 500,000 bis 1 Million Gulden. Dann werden ein oder zwei Wetter- und Förderschächte angelegt, durch welche die in der Tiefe gehauenen Kohlen zu Tage gebracht werden. Von der Sohle der Schächte werden hierauf, gemeinlich im Kohlenflötze selbst, sogenannte Förderstrecken getrieben, nämlich 8 bis 9 Fuß weite und 7 Fuß hohe, möglichst horizontale, oder wenig geneigte Gänge, welche mit Eisenbahnen belegt sind und auf welchen in großen Werken die Fortschaffung der Kohlen in eisernen Wagen mit Pferden geschieht. Auf diese Hauptgänge stoßen rechtwinklich die Nebengänge, die Abbaustrecken, die zu beiden Seiten für den Zweck der Kohlengewinnung, und in regelmäßigen Entfernungen, in das Flötz getrieben werben. Auch diese haben Eisenbahnen; es werden auf solchen, meist mit Menschenhänden, in kleinern Wägen die Kohlen zu den Förderstrecken geschafft. – Während diese unterirdischen Bauten vorgenommen werden, ist man über Tage beschäftigt, die nöthigen Gebäude, Maschinen etc. etc. zu errichten und aufzustellen. Man baut um die Schachtmündungen her weite Platforms, die mit Eisenplatten belegt werden, für die Empfangnahme der Kohlen bestimmt, und führt Schienenwege in die an den Ladeplätzen gelegenen Magazine. Man stellt die Dampfmaschinen auf, welche das Wasser pumpen und die Kohlen aus der Tiefe mit der Schnelligkeit des Blitzes heraufheben; die Apparate, welche den Grubenarbeitern gute Wetter, d. i. frische Luft, zuführen; man baut Chausseen, oder wohl gar meilenlange Eisenbahnen nach dem nächstgelegenen Hafen, oder Strome, oder Kanal, oder einer schon bestehenden Commerzial-Eisenbahn;