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bereit, sie zu geben. Als Resultat von Reden’s Verwaltung hatte sich nach dreißig Jahren die Erzeugung der Montanprodukte Oberschlesiens mehr als vervierzigfacht. Die Einführung der Dampfmaschinen war schon in den achtziger Jahren geschehen, die Benutzung der Steinkohlenkoaks im Hochofen schon Ende des vorigen Jahrhunderts mit Erfolg versucht worden. 1816 hatte Oberschlesien 40 Hochöfen und über 160 Hammerwerke in Betrieb, die zusammen 5400 Berg- und Hüttenleute beschäftigten; es wurden 180,000 Centner Roheisen, 110,000 Centner Stabeisen und Bleche erzeugt, welche einen Werth von 1 Million Thaler hatten.

Bis auf die neueste Zeit ist das großartige Gewerbe fortgewachsen. 1841 lieferte Oberschlesien über zwei Fünftel der ganzen Eisenproduktion der preußischen Monarchie, fast 1 Million Centner. Aber zu Ende jenes Jahres fing der Druck der englisch-belgischen Concurrenz, über die schon früher allgemein geklagt worden war, seine zerstörenden Wirkungen an; mehre Hüttenbesitzer gaben, da sie den gehofften Schutz von den Regierungen des Zollvereins nicht erhielten, entmuthigt den Kampf auf, und von dieser Zeit an bis zur Gegenwart hat ein Drittel der schlesischen Werke die Produktion entweder reduzirt, oder die Arbeiten ganz eingestellt. Nur diejenigen, welche unter den allergünstigsten Localverhältnissen produzirten, haben den Wettkampf mit Briten und Belgiern bisher glücklich, wenn auch nicht ohne Opfer bestanden, und durch vermehrte Produktion die Schmälerung des Gewinns zu ersetzen getrachtet.

Unter den schönsten Werken Oberschlesiens und des deutschen Eisenhüttenwesens überhaupt steht die Königshütte oben an. Sie liegt eine Meile südlich vom Städtchen Beuthen und ist ebenfalls eine Schöpfung des Grafen Reden, welcher 1798 hier den ersten Hochofen errichtete. Sie ist ganz auf den Betrieb mit Steinkohlen basirt, deren Gruben so nahe sind, daß die Kohlenwagen von den Schächten auf Eisenbahnen unmittelbar an die Oefen laufen, wo sie verkoakst werden. Dampfmaschinen heben die Wasser in den Kohlenwerken, sie fördern die Kohlen, ziehen die Wagen, treiben die Gebläse, führen Erze und Kohlen den Gichten der Hochöfen zu, bewegen Walzwerke und Hämmer. Man benutzt zu ihrer Feuerung das Kohlenklein und Abfälle, welche man sonst als werthlos wegwerfen müßte. Die drei Hochöfen haben jeder eine Höhe von 50 Fuß und sie können, bei gutem Gang, zusammen wöchentlich 2400 Centner Roheisen produziren, für deren Verarbeitung zu Eisenbahnschienen, Stabeisen, Blechen etc. etc. die Walzeinrichtungen dienen. Alle neuesten Verbesserungen des Eisenhüttenwesens sind auf diesem schönen Werke vereinigt.

Die Beamten und viele von den 280 Arbeitern haben im Etablissement selbst Wohnung; es ist daher eine sehr weitläufige Anlage. Alle Gebäude sind massiv, und im mittelalterlichen Baustyl aufgeführt, der dem Gewerbe und den schwarzen Gesellen, die hier ihr Wesen treiben, sich gut anpaßt. Eine kürzlich erbaute Eisenbahn verbindet das Werk mit dem Klodnitz-Kanal, auf welchem die Hüttenprodukte größtentheils verfahren werden.