Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Neunter Band | |
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durch unzählige Hände. Schon die Roheisenerzeugung beschäftigt durchschnittlich für je 3000 Centner, die gemacht werden, theils als Bergleute in den Kohlen- und Eisengruben, theils als Hüttenarbeiter, Fuhrleute etc. etc., an 130 Personen. Alle Gold- und Silberbergwerke der Erde ernähren in der That nicht halb so viel Menschen, als die britischen Eisengruben allein.
Deshalb war die Pflege des Eisenhüttengewerbs von jeher bei erleuchteten Staatsregierungen ein Hauptgegenstand ihrer Sorgfalt; nicht selten wurde sie das Objekt von Staatsverträgen und der Punkt, um den sich internationale Verhältnisse drehten. Wir sehen in unserer Zeit die Eisenproduction mit Recht in der Rennbahn für den industriellen Wetteifer der Nationen die hervorragendste Rolle spielen und die klügsten Regierungen der Erde, die Englands, Frankreichs, Belgiens, Oesterreichs und Nordamerika’s, in der Sorgfalt mit einander rivalisiren, durch alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel diesen großen Industriezweig höher auszubilden und zu kräftigen. Darum ist auch in diesen Ländern vor ihm der Schild des Schutzolls erhoben, welcher die fremde Concurrenz oder Uebermacht hindert, den Entwicklungsgang der inländischen Eisenerzeugung zu hemmen, und indem er dem Gewerbe Sicherheit gewährt, ihm die Capitale zuführt, durch welche allein ein großartiger und vollkommener Betrieb hervorgebracht werden kann; der Betrieb, welcher, indem er die Produktion vermehrt, die Preise auch allmählig auf das Verhältniß stellt, welches für Erzeuger und Consumenten das Billige ist. Oesterreich ausgenommen entbehrt Deutschland seltsamer Weise für seine Eisenerzeugung dieses Schutzes entweder noch ganz, oder er ist doch noch so mangelhaft, daß er seinem Zwecke nicht entsprechen kann. Die Wirkung dieses Mangels in der Zollgesetzgebung und in der Einsicht deutscher Fürsten und Staatsmänner, welche die Faktoren der Tarife sind, ist die schmähliche Thatsache, daß Deutschland, unser an Intelligenz, Händen, Erzen und Brennstoffen so reiches Deutschland, seine Eisenbahnen noch mit fremdem Eisen bauen muß, und jährlich viele Millionen des Capitals, das mit ihrem Fleiß und Schweiß die Nation erworben hat, fortgeht an die Briten und Belgier für Etwas, was das Vaterland eben so gut selbst machen kann und alsbald machen würde, wenn ein verständiger Schutz zur Benutzung der mit Füßen getretenen Schätze der deutschen Erde aufmunterte und die Capitalisten zur Anlage ihres Geldes in dem Eisenhüttengewerbe spornte. Treibhauspflanzen pflegt man; deutsche Könige und Fürsten rufen zu Maulbeer-Plantagen und Seidenbau (unterm 52. Breitengrade!) auf, andere setzen Prämien aus auf die Zucht tibetanischer Ziegen: aber die Elemente einer großen Industrie, die des Herrn Hand in den heimischen Boden niedergelegt hat, finden so wenig Beachtung und Schutz, als kennten sie solche nicht. Inzwischen ist das Verhältniß so schreiend, daß allein schon darin die Gewährschaft baldiger Abhülfe und Besserung liegt. Offizielle Quellen weisen nur allein in den Staaten des deutschen Mauthvereins eine Vermehrung der Einfuhr fremden Eisens von 1831 bis 1841 um das Einundzwanzigfache nach; noch während der letzten fünf Jahre ist die Roheisen-Einfuhr um mehr
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Neunter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Philadelphia 1842, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_9._Band_1842.djvu/160&oldid=- (Version vom 2.1.2025)