Seite:Meyers Universum 8. Band 1841.djvu/75

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Wegen des enorm hohen Werthes der Menschenarbeit auf Cuba hat man dabei noch großen Gewinn. Reiche Pflanzer wechseln ihre Häuser alle fünf bis zehn Jahre mit neuen Wohnungen.

Breite und schattige Veranda’s, auf denen tropische Prachtpflanzen in Porzellainvasen duften, umgeben jedes Stockwert, und die Wände der Sommerseite sind gemeinlich übersponnen mit persischem, immerblühenden Jasmin, dessen Wohlgeruch, zumal des Nachts, so gewaltig ist, daß er betäubt. Glänzende Lackfarben decken die Wände der Zimmer, alle Fußböden sind parkettirt und gebohnt. Ameublement, Schmuck und Geräthe sind größtentheils englisch; mit sybaritischer Weichlichkeit ist für jegliche Bequemlichkeit gesorgt. Sämmtliche Zimmer sind hoch und luftig, und mit eben der Sorgfalt, mit der man in deutschen Wohnungen die Zugluft abzuhalten strebt, sucht man sie hier zu begünstigen. Die zahlreichen Jalousieen und durchbrochenen Flügelthüren führen solche in reichlichem Maaße herbei, und was im unfreundlichen Norden ein sicheres Mittel wäre, seine Gesundheit zu verlieren, dient hier, sie zu erhalten. In den Ecken jedes Zimmers stehen auf hohen Gestellen große, elegant geformte Gefäße von einem porösen Sandstein, der das hineingegossene Wasser tropfenweise durchsickern läßt, und eisig-kühl nehmen es andere Gefäße auf. Man könnte in der That den Herrn eines solchen Hauses, welcher inmitten einer so schönen Natur, unter dem blauen Tropenhimmel, im Genusse seine Tage verlebt, glücklich preisen, wenn man darauf verzichtete, die Rückseite des Bildes zu schauen. Aber umgeht man das Haus, – so ist die Illusion verschwunden, und das Gespenst der Negersclaverei tritt in die Scene wie ein arger, finsterer Geist. Da stehen die niedrigen, elenden und schmutzigen Hütten der Afrikaner, mehr Viehställen als menschlichen Wohnungen gleich, in langen Reihen; vorn steht das Haus des Aufsehers, mit dem gefürchteten Platze, wo die Sclaven ihre Züchtigungen für Vergehen oder Versehen erhalten, oder solche, welche ihnen die Marterlust und Laune ihrer despotischen Herren diktiren.

Die Zuckerpflanzungen auf Cuba haben viel weniger Einladendes, und der idyllische Reiz der Cafetala’s geht ihnen gänzlich ab. Die unübersehlichen Felder des sechs bis neun Fuß hohen Rohrs erscheinen beim ersten Blick wie ausgedehnte Rohr-Sümpfe; sie beschränken die Aussicht und ermüden durch ihre Einförmigkeit. Nach der Erndte zumal, wenn die zurückgelassenen und vertrockneten Blätter zur Düngung des leicht erschöpften Bodens angezündet werden, und die weiten Enden mit halbverbrannten Strunken und Aschenhaufen bedeckt sind, haben sie das traurige Ansehen der Oede und Verwüstung. Zwar ist die Menge der Gebäude schon darum größer, weil die Fabrikation viele Räume erfordert, und Luxus herrscht in den Wohnungen der Pflanzer hier wie dort; allein der landschaftliche Reiz geht ihnen ganz ab, und auch die Sclaverei tritt uns hier, wegen der sehr harten und in den Zuckermühlen Tag und Nacht fortgehenden Arbeit, in der empörendsten Gestalt entgegen: denn die Anstrengung wird vom armen Neger nur durch gemehrte Strenge abgezwungen, und die Peitsche schwingt

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1841, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_8._Band_1841.djvu/75&oldid=- (Version vom 2.12.2024)