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bewußt, Anerkennung und Schutz seiner Rechte und Freiheiten von seinem Herrscher als Etwas forderte, was nicht als Gnade empfangen seyn will, sondern als Etwas, was nicht verweigert werden kann. Das nannte Philipp Uebermuth, und er sandte ein Heer von Söldnern, Pfaffen und knechtischen Beamten in’s Land, auf daß sie der Flamänder stolzen Sinn zur Demuth beugen, und der Nation blinde Fügsamkeit in seinen Willen lehren sollten. Es ward ein System aufgerichtet der raffinirtesten Plackerei und Bedrückung, aufgehoben ward die garantirte Gewissensfreiheit, Ketzergerichte eingesetzt und auf jede Beschwerde mit Hohn und Verachtung erwiedert. Als endlich die Last zur Unerträglichkeit sich steigerte, da ergriffen die Flamänder das letzte, heilige Rettungsmittel der Völker gegen Tyrannen – die Waffen. So begann jener Kampf des kleinen Niederlands gegen das spanische Weltreich, der den größten Dichter der Neuzeit als würdigen Beschreiber gefunden hat. Ueber ein halbes Jahrhundert hat dieser Kampf gedauert, in dem ein kleines Handels- und Gewerbsvolk gegen den mächtigsten Monarchen der Erde, zum Erstaunen der Zeitgenossen, zur ewigen Lehre für die Nachwelt und für alle Völker auf immer ein herzerhebendes, begeisterndes Beispiel, endlich seine Freiheit und Unabhängigkeit errungen. Vergebens bluteten auf Alba’s, des spanischen Feldherrn und Statthalters, Befehl an 18,000 flamändische Bürger unter dem Beile des Henkers; vergebens erschöpfte Philipp alle Mittel der Macht: Versprechung, Bestechung, Verfolgung, Lüge und die Schrecken der Grausamkeit; vergebens sandte er Heer auf Heer und Flotte auf Flotte: Fruchtlos waren des Despoten Anstrengungen gegen den eisernen Heldensinn, und Freiheit und Unabhängigkeit waren dessen Lohn und dessen Triumph.

Freilich nicht ohne furchtbare Opfer. Die offenen Provinzen wurden nach mancher verlornen Schlacht von den spanischen Völkern durchzogen, Verheerung war in ihrem Geleite, und Handel, Gewerbe, Künste flohen vor ihren Schritten. Den höchsten Preis hatte Antwerpen zu zahlen; es wurde belagert (1585), fiel nach einer heldenmüthigen Vertheidigung, und der größte Theil seiner Kaufleute flüchtete mit ihren Geschäften in das durch seine Lage geschütztere Amsterdam. Und als im Westphälischen Frieden die Schelde für die Niederlande geschlossen wurde, da stürzte das kaum wiedererstandene Gebäude seines Handelsflors gänzlich zusammen.

Seit dieser Zeit bis Anfang des jetzigen Jahrhunderts blieb Antwerpen mit schwachen Wechseln ein Platz ohne Bedeutung, und die Volksmenge sank allmählich bis auf 40,000 herab. Erst Napoleon, dessen Scharfblick die herrliche Lage Antwerpens für den Welthandel erkannte, faßte und verfolgte den Riesengedanken, aus Antwerpen für sein Continentalreich ein zweites London zu machen und stattete es von neuem mit den Bedingungen aus, die es ihm vermöglichten, allmählich wieder zu erlangen die Größe vergangener Zeiten. Napoleon hat auf die Reinigung der versandeten und unzugänglich gemachten Schelde, auf die Ausgrabung der Bassins und Docks, auf die Erbauung des Arsenals etc. etc. über 60 Millionen Franken verwendet, und wenn er auch nicht vermögend gewesen ist, selbst seinen Plan auszuführen, so wird doch Antwerpen, das die Früchte seiner

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1841, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_8._Band_1841.djvu/58&oldid=- (Version vom 1.12.2024)