Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band | |
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welche den brittischen Riesen in kurzen 25 Friedensjahren zu einer Größe und Kraft wachsen ließen, welche die der gesammten übrigen Staaten aufwiegt, und doch hat keine noch gewagt, dieselben Elemente des Gedeihens sich anzueignen. Die Continentalmächte schließen ja wohl Bündnisse zu weit kleinern Zwecken: warum sollten sie nicht den großen Zweck der Colonisation unter einen gemeinschaftlichen Schirm stellen können. Das Laissez faire thäte dann schon das Uebrige. Man wurde dann gewiß auch in Deutschland aus dem Beispiel Nutzen ziehen, welches England in seinen Privatgesellschaften für australischen Anbau und Colonisation aufstellt, und der Strom der auswandernden deutschen Arbeitskräfte, der jetzt dem nordamerikanischen Menschenmeere fast ausschließlich zueilt, um sich da, in ganz kurzer Zeit, bis zur Unkenntlichkeit seines Ursprungs zu verlieren, würde bald Richtungen annehmen, aus welchem er tausend Quellen des Reichthums dahin zurücksenden könnte, wo er entsprungen ist. Unter den jetzigen Verhältnissen ist alles, was er mit fortnimmt, – Arbeitskraft, Intelligenz, Capital, für das Vaterland verloren.
Unter den Colonien in Ozeanien ist die Ansiedelung der Britten in Vandiemensland, der Insel an der südlichsten Spitze Neuhollands, eine der ältesten, und doch reicht die Entdeckung seiner Inselform kaum über das jetzige Jahrhundert hinaus. 1798 durchsegelte Flinders die Meerenge, die es vom neu-holländischen Festlande scheidet, zum erstenmale. Land zwar hatte hier der Holländer Tasman schon vor 200 Jahren gesehen.
Die erste brittische Ansiedelung in Ozeanien datirt sich von 1803. Sie war ein Filial vom jungen Sidney (Botany-Bai). 1804 schickte das Mutterland 400 Verbrecher unter Führung eines Lieutenants, Collins, her. Dieser gründete Hobartstown, organisirte die Niederlassung und ward ihr erster Gouverneur. Die ersten Jahre einer Colonie sind fast immer Jahre des Leidens. Auch Hobartstown hatte schwere Tage der Kindheit. Doch als sich, zu Ende des ersten Lustrums, freiwillige Ansiedler zu den Gezwungenen gesellten, nahm die Colonie rasch zu, und die Entdeckung, daß Vandiemensland für die Zucht feinwolliger Schaafe geeigneter noch sey, als Neusüdwales, wurde der wirksamte Hebel des Gedeihens und zur Quelle des Reichthums. Schon innerhalb 17 Jahren (bis 1821) war die Colonialbevölkerung bis auf 9000 Köpfe angewachsen, zu sieben Zehntel freie Ansiedler, die an 200,000 feinwollige Schaafe und 35,000 Rinder besaßen. In immer größerer Progression stieg die Bevölkerung; 1825 wurde die Colonie, die bisher eine Dependenz von Neusüdwales gewesen, für selbstständig erklärt, und eine, blos vom Mutterlande abhängige, besondere Regierung eingesetzt. Diese Maßregel beförderte die Einwanderung so bedeutend, daß sich die Volksmenge binnen den nächsten 15 Jahren (bis 1840) vervierfachte.
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1841, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_8._Band_1841.djvu/41&oldid=- (Version vom 30.11.2024)