Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band | |
|
Tief bewegt ist fort und fort die Gegenwart, und schwarze und weiße Wolken thürmen an ihrem Horizonte sich auf. Die Furchtsamen sehen in ihnen die Embryonen zerstörender Gewitter, die langsam herangezogen kommen, und die Anbeter des Alten geben vor, daß die Zeiten sich mehr und mehr zum Schlimmern neigen: aber während jene zittern und diese klagen, steigt mit Meilenstiefeln hinan die Menschheit zu lichter Geistigkeit, und so wird sie fortsteigen von Geschlecht zu Geschlecht.
An diese geistige Bewegung aufwärts knüpft sich die physische von Ost nach West, und je rascher jene, je schneller, kräftiger, stürmischer drängt der Menschenstrom vom Aufgang gegen Niedergang um den Erdball. Germanisches Blut rauscht in seinen vordersten Wogen, und seit länger als einem Jahrhundert schon hat bie lebendige, lebenswarme Fluth das rückwärts erstarrte Gewässer des Ostens wieder erreicht, und mit ohne Unterlaß regem Verjüngungstriebe die alten Formen bald langsam aufgenagt, bald sie mit Gewalt gebrochen.
Wie Asien sich gegenwärtig durch das Conflikt des germanisch-europäischen Elements mit den leblosen alten Formen zur Neugestaltung anschickt, so bereiten auch dieselben Hebel in Ozeanien gegenwärtig die ungeheuerste Umwälzung vor. Kaum sind’s sechzig Jahre, daß Cook in dieser Inselwelt seine ersten Entdeckungen machte, und schon erreicht die anglo-germanische Colonisation ihre fernsten Punkte, und der Untergang der Naturstaaten jenes Welttheils ist besiegelt. Das System der Actienvereine, auf Arbeiterverpflanzung und Colonisation angewendet, trägt, zusammenwirkend mit der Verbesserung der Dampfschifffahrt, wahrhaft große Frucht. Ungeheuere Etablissements werden alljährlich auf vielen Punkten Ozeaniens gegründet; wie durch Zaubersgewalt, so rasch, entstehen in diesen fernen Gegenden Centralpunkte der Civilisation, des Anbaus, der Betriebsamkeit, deren Producte wiederum den Handel schaffen, welcher sich mit unglaublicher Schnelligkeit nach allen Seiten ausdehnt. Auf dieses Colonisiren, auf diesen Anbau, auf diese Betriebsamkeit, auf diesen Handel hat das einzige Weltreich der Gegenwart, England, seinen Reichthum und seine nachhaltige Kraft basirt, und sich unermeßliche Hülfsquellen für einen noch unabsehlichen Zeitraum gesichert.
Seltsam genug und kaum begreiflich ist’s, daß das übrige Europa in jenem unermeßlichen Felde des Unternehmungsgeistes und des Reichthums England bisher allein gelassen hat. Allbekannt sind doch die Ursachen,
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1841, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_8._Band_1841.djvu/38&oldid=- (Version vom 30.11.2024)