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CCCXXXI. Timbuktu.




Nicht ist so häufig falsch, als der menschliche Ruhm. Wie viele Betrüger, Schurken und Tyrannen feiert die Geschichte als groß; wie Viele hat sie zu Helden gemacht, die, thut man den Nimbus des Erfolgs von ihnen weg, nichts übrig lassen, als Tollköpfe, welche in eine Mordlotterie so lange Leib’ und Leben einsetzten, bis sie zufälliger Weise einen Lorbeerkranz als Treffer zogen; wie Viele auch brachte bloßes Adlersklauen-Gelüst, Hab-, Raub- und Mordsucht, mit hündischem Sklavensinn gepaart, an den Heroenpranger! Solchen mögen Leute, die dergleichen Berühmtheiten zu nutzen wissen, Bild- und Ehrensäulen bestellen, und sie, wie andere Wappenthiere, vor die Thore der Städte und Palläste setzen; der Vernünftige wendet sich alle Zeit mit Verachtung oder mit Abscheu von ihnen ab. Er neigt nur vor dem wahren Ruhme das Haupt in Ehrfurcht: vor den großen Männern und Märtyrern des Rechts und der Wahrheit.

Wenn, wie Niemand bestreiten wird, auch das Märtyrerthum der Wissenschaft ein ächter Palmzweig ist, so dürfen wir auch Jenen unsere Verwunderung nicht versagen, welche, unerschrocken und eben so sehr im Interesse der Wissenschaft als der Humanität, die Erforschung früher unbekannter Regionen des geheimnisvollsten Erdtheils zum Ziele ihres Strebens gemacht haben, eines Strebens, während dessen sie fast Alle die Marken ihres Lebens fanden. Caillé und John Lander leben noch; alle andere afrikanische Entdecker (Touristen und solche, welche betretene Pfade gingen, gehören in eine andere Categorie), von Ledyard an: Houghton, der große Mungo-Park, Hornemann, Röntgen, Ritchie, Denham, Clapperton, Toole, Oudeney, Lamy, der eine der beiden Lander – und endlich fast die sämmtlichen Glieder der von der brittischen Regierung zu verschiedenen Zeiten ausgehenden Entdeckungs-Expeditionen: Astronomen, Geologen, Botaniker, Zoologen, Zeichner – fanden in dem Erdtheil ihres Ruhms auch ihr Grab.

Einer der beiden Glücklichen, welche ihren Forschungseifer nicht mit ihrem Leben büßten, Caillé, hatte, indem er den Nigerlauf verfolgte, Timbuktu erreicht, und von ihm besitzen wir ein lebendiges Bild dieser, zu seiner Zeit noch ansehnlichen Stadt Centralafrika’s, von der schon lange her wundervolle Sagen im Schwange gingen. Und doch war zu Caillé’s Anwesenheit ihr Glanz schon längst dahin. Es gab eine Zeit, wo Timbuktu der Markt war, auf dem ganz Nordafrika mit den Nationen des Innern Erzeugnisse und Waaren

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1841, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_8._Band_1841.djvu/17&oldid=- (Version vom 29.11.2024)