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und Schach, Circus und Stiergefechte, Gesang und Guitarre füllen die Zeit bis zum Abend aus, der sich zwischen Theater (das schlecht genug ist) und der Langeweile in den Tertulia’s (den Kränzchengesellschaften) theilt. Ihre Theilnahme für höhere, allgemeine Interessen ist noch schlummernd, und wissenschaftliche Bildung ist von der weiblichen Erziehung in Lima gänzlich ausgeschlossen.

Die „Lions“ in Lima sind vorzüglich die Kirchen, welche, zumeist Werke aus dem 17ten Jahrhundert, eben so geschmacklos gebaut als sie reich sind. In vielen sieht man die Wände buchstäblich mit Gold- und Silberplatten überkleidet, und die Verschwendung der edeln Metalle an Altären, Chorstühlen, Heiligenstatuen, Candelabern, Kelchen und Monstranzhäuschen übersteigt alle Vorstellung und allen Glauben. Ganz eigenthümlich und recht sinnig ist der Gebrauch, Singvögel in die Kirche zu stiften, welche, in silbernen, zuweilen selbst in goldnen Käfigen an den Säulen des Hochaltars hängen und ihren Gesang mit dem der Gemeinde mischen oder mit den feierlichen Tönen der Orgel. Klöster gibt’s über 60 in Lima, und außerordentlich reiche. Das der „Empfängniß Mariä“ ist der Inbegriff von Pracht. Man zählt im Ganzen 3000 Mönche, Nonnen und Weltpriester in der Hauptstadt Peru’s, und sie sollen ein Einkommen von 2 Millionen Piaster jährlich zu verzehren haben. Ist diese Angabe auch übertrieben, so zeigt doch schon das luxuriöse Leben der meisten Ordensmänner und Würdenträger der Kirche, daß ihnen die Mittel, auf Erden froh zu seyn, nicht karg zugemessen sind. Eine besondere Regel ist die „des guten Todes,“ mit dem Privilegium, den Sterbenden die letzten Tröstungen der Kirche zu reichen. Sie reiten auf Maulthieren und man sieht sie mit dem Küster häufig in Galopp durch die Straßen jagen. Reich dotirte Wohlthätigkeitsanstalten nehmen der Armuth alle zeitliche Sorge. Es gibt Hospitäler, die Millionen besitzen; daß des heiligen Andreas verpflegt durchschnittlich 400 Kranke. Um so übler ist es hingegen mit den öffentlichen Aemtern bestellt. Das alte Erbtheil aus der Zeit der Monarchie: der Begriff, „das Amt sey um der Person willen da,“ ist noch stark. Die Untreue der Verwaltungsbeamten wie die Bestechlichkeit der Richter ist sprüchwörtlich. Kein Wunder! Ein Volk erkämpft nicht zugleich mit der Freiheit sich den Ernst der Tugend und die sittlichen Begriffe vom Staat; solche reifen nicht mit, sondern als Frucht der Freiheit, und lange Zeit bedarf’s, ehe sie keimen, blühen und zeitigen.

Lima ist die älteste Stadt in Südamerika; sie wurde von Pizarro im 3ten Jahrzehnt des 16ten Jahrhunderts gegründet, der sie zum Sitz seines Vicekönigreichs erkohr. Die Silberminen in den nahen Gebirgen, um Cusco etc. etc., welche für Rechnung Limaer Einwohner betrieben wurden, schütteten sehr frühzeitig große Reichthümer aus, und die Stadt ward binnen hundert Jahren zur schönsten in ganz Südamerika. In manchen Jahren warfen den Limaer Grubeneignern die Bergwerke fünf bis sechs Millionen Piaster ab, und man hat die hier zusammengeflossene gesammte Ausbeute innerhalb 310 Jahren auf die enorme Summe von 1200 Millionen

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1841, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_8._Band_1841.djvu/150&oldid=- (Version vom 7.12.2024)