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siechen! Die hiesige Universität, die Bergakademie etc. etc. sind von der Nation auf das freigebigste dotirt; aber bei der Wahl der Lehrer entscheidet blos Gunst, die Parteifarbe, fast nie das größere Verdienst. Die Hauptfeder der Staatsmaschine bleibt die Soldateska, welche gut besoldet, glänzend gekleidet ist und durch ihr Benehmen zeigt, wie sie weiß, daß die Sicherheit des Throns der bürgerlichen Freiheit auf ihren Bajonetten ruht. Die regelmäßige Garnison von Mexiko besteht aus 8000 Mann, während die Unionsregierung der Vereinigten Staaten von Nordamerika nicht einmal eines Wachtpostens bedarf. Hier ist aber die Executivgewalt das ächte Erzeugniß des Majoritätswillens eines aufgeklärten Volks; dort machen sie die Faktionen, und die stimmberechtigte, urtheilsunfähige Masse dient diesen blind zum Werkzeug. Verbessern werden sich diese Zustände in eben dem Maaße, als Unterricht und Bildung mehr und mehr alle Klassen durchdringen, und ein Fortschritt ist in den letzten zehn Jahren auch nicht zu verkennen. Aber ein Haupthinderniß einer raschern Entwickelung zu einem edleren Volks- und Staatsleben ist, wie in allen andern, dem Katholicismus huldigenden amerik. Freistaaten, das Pfaffenthum, welches hier, wie allwärts, das Reich der Dummheit Schritt vor Schritt vertheidigt.

Unser Bild führt uns auf den vornehmsten öffentlichen Platz der Hauptstadt, den Plaza Mayor, und vor die Cathedrale, – dem größten und prächtigsten Hause für die Verehrung Gottes in der neuen Welt. Dieses im Eskurialstyle, unter Philipp’s II. Herrschaft mit einem Aufwande von anderthalb Millionen Piaster errichtete, später noch sehr erweiterte Gebäude steht auf derselben Stelle, auf welcher einst der Haupttempel der Azteken sich erhob, da, wo der unglückliche Montezuma für die Vernichtung der christlichen Räuberschaaren dem Weltgeiste opferte. Es nimmt die ganze Nordseite des 800 Fuß breiten Platzes ein, den gegen Osten die Fronte des National-Pallastes schmückt, und auf 2 Seiten Arkaden verzieren, unter denen sich Kaufläden, Speise-, Wein- und Kaffeehäuser reihen, und wo sich immer ein reges Leben bewegt. Die Cathedrale steht auf einer Estrade oder Erhöhung; die nach Süden gerichtete Hauptfaçade hat drei magnifike Portale, zu deren Seiten sich die beiden Glockenthürme erheben. Die übrigen Fronten sind einfach, im dorischen Styl. Das ganze Gebäude enthält eigentlich sieben Kirchen, von denen jedoch immer nur eine gleichzeitig im Gebrauche ist. Die Hauptkirche besteht aus fünf Schiffen neben einander. Vierzehn große Pfeiler tragen das Mittelschiff; majestätische dorische Säulen die Gewölbe der Nebenschiffe. An die hintersten reihen sich 14 Kapellen, 7 auf jeder Seite. Am Hochaltare wölbt sich der Dom fast zwei hundert Fuß hoch über dem Boden der Kirche. Nichts in der Welt kann sich der Pracht vergleichen, welche zur Verzierung dieses Tempels verschwendet ist. Des Hochaltars Spitze, ein Meisterstück der Holzschnitzerei, berührt den Dom. Die Säulen, welche das Tabernakel umgeben, sind von Jaspis, die, welche dasselbe selbst bilden, von Silber, die im Innersten von massivem Golde. In der Kuppel stehen die silbernen Statuen der zwölf Apostel und der Erzväter. Doch ist alle diese Herrlichkeit

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Achter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1841, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_8._Band_1841.djvu/117&oldid=- (Version vom 5.12.2024)