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schroff entgegen. Die Gesichtsbildung schon unterscheidet beide Raçen höchst auffallend und macht die Verschiedenheit ihres Charakters kenntlich. Die Palermitanische Physiognomie hat etwas Edeles, Stolzes; in ihrem dunkeln, beweglichen Auge lodert unheimliche Gluth; es ist ein Vulkan, der des Ausbruchs harrt. – Der Neapolitaner macht den Magen zu seinem Abgott; der Sicilianer dagegen ist nüchtern. Beide streben nach Erwerb ohne Arbeit; aber während der Neapolitaner auf die gemeinste Art bettelt, betrügt, oder stiehlt, – läßt sich der Sicilianer höchstens zum Raube herab. Nur in Einem sind Beide gleich: im Eifer für vernunftlosen Bilderdienst. Der Palermitaner ist so abergläubisch und so fanatisch eingenommen für seine Glaubensvorurtheile, als es der Neapolitaner nur immer seyn kann. Bei allen Angelegenheiten des Lebens verlangt er, daß der Himmel intervenire; bei jedem Geschäfte sucht er die Heiligen in sein Interesse zu ziehen. Der Einfluß der Geistlichkeit ist daher unbeschränkt und ihr oft zügelloses Leben, obschon die Geschichten darüber von Munde zu Munde laufen, vermag nicht, ihre Macht zu schmälern. Nirgends finden sich so viele Klöster in und um eine Stadt zusammengehäuft als in Palermo, und der Boden des Landes weit umher ist zur größern Hälfte kirchliches Eigenthum. Notorisch stehen die meisten Klöster durch unterirdische Gänge mit einander in verborgener Verbindung, und, wie die Sage geht, zu sehr weltlichen Zwecken. – Reinlichkeit ist in Palermo nicht zu Hause; so wenig als in Neapel. Dort, wie hier, beleidigen das Auge des an Ordnung und Sauberkeit gewöhnten Nordländers die Zeichen der Unsauberkeit in jeglicher Wohnung, und selbst die Palläste der Großen lassen schneidende Contraste von Pracht und Schmutz bemerken. Die Sucht, mit einem zahlreichen Schwarm von Faullenzern in betreßtem Rocke zu glänzen, macht sich in den Antichambren widerlich breit. Daneben aber ist große Negligence augenfällig, und in den prächtigen Sälen, ja sogar auf den Balkonen der Palläste, sieht man wohl auf queerüber gezogenen Leinen die Leibwäsche der Eccellenza trocknen. Artigkeit und seltene Zuvorkommenheit gegen Fremde sind indessen unter den vornehmen Classen allgemein, und der Forestiero findet am Palermitaner, hätten beide auch nur leichte Bekanntschaft an einem öffentlichen Orte mit einander geknüpft, den gefälligen Cicerone zu allen Merkwürdigkeiten in und außerhalb der Stadt. Ein eigenthümlicher Zug des Palermitaners ist’s, den Fremden ohne Umstände zum Vertrauten zu machen, zumal zum Mitwissenden seiner Unzufriedenheit mit den bestehenden politischen Verhältnissen, die des Palermitaners Seele ausfüllt; denn sein Stolz auf sicilianische Nationalität fühlt sich durch hundert Dinge verletzt und der Groll gegen die neapolitanische Herrschaft ist ohne Maaß und Ziel. Beide Völker überhäufen sich bei jedem Anlaß mit Schmähungen, und das sicilianische, als der untoleranteste Theil, ist jederzeit der Gelegenheit gewärtig, das Joch abzuschütteln, mit welchem sich zu befreunden es niemals lernen wird.

Bei alle dem ist das Leben des Volks in Palermo voller Genuß; und fröhlich und sorglos schwingt es sich durch die ihm beschiedene Spanne Zeit. An heitern Abenden hört man überall Musik, auf dem Corso und den Piazza’s fliegen Leuchtkugeln, prasseln Raketen, Gesang und Guitarre tönen und schwirren an allen Fenstern bis tief

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/81&oldid=- (Version vom 27.10.2024)