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schnell wurde eine neue Mündung gegraben und der Feind durch eine neue Flotte erschreckt. Zwei Mauern waren gefallen; die dritte hielt. Die Carthager wurden überall geschlagen, zurückgeworfen, abgeschnitten von aller Zufuhr. Man trotzte dem Hunger, wie den Schrecken des Kriegs. Endlich drang Scipio bei Nacht in den innersten Hafen; der untere Theil der Stadt wurde genommen; die obere Stadt und die Burg (Byrsa) ergaben sich nicht. Da stürmte Scipio sechs Tage und sechs Nächte lang; in allen Straßen, Plätzen, Häusern floß Blut. Unermüdet, furchtbar stritten die ausgehungerten Bürger gegen die immer nachrückenden frischen Legionen Rom’s, bis die letzten Kräfte schwanden. Am siebenten Tage baten einige Abgeordnete um Gnade. Gern hätte Scipio sie Allen ertheilt. Aber nur 50,000 Menschen aus einer Stadt, welche 700,000 zählte, nahmen sie an und zogen in jammervoller Gestalt nach Scipio’s Lager. Die Uebrigen, in wilder Verzweiflung, stritten fort, zündeten die Stadt an und tödteten sich selbst in ihren Häusern, Tempeln, über den Gräbern der Väter. Die Gattin des carthaginensischen Feldherrn Hasdrubal, der, weniger groß, Gnade angenommen hatte, stürzte sich von dem letzten Halt der verzweifelnd Kämpfenden, von den Zinnen der Burg, mit allen ihren Kindern in die Flammen! Siebenzehn Tage brannte die herrliche, übergroße, unglückliche Stadt; die Römer, auf des Senats Befehl, schleiften die Trümmer.“

„So verschwand von der Erde, nachdem es hundert und zwanzig Jahre mit Rom gewaltig gestritten, das weitherrschende, dem Handel freundliche Carthago, Stadt und Volk, groß in ihrer Blüthe, im Falle noch größer.“ –


Andere Orte keimten in spätern Zeiten auf der Stätte, blühten eine Zeitlang und vergingen wieder; aber ein Carthago erstand nie wieder. Cajus Grachus erbaute eine Junonia; Augustus schickte 3000 Ansiedler dahin und machte eine Colonia Carthaginiensis daraus. Marcus Aurelius wandte große Summen auf deren Verschönerung und die beiden Gordiane erhoben sie sogar, – sonderbares Geschick! – während ihrer ephemeren Herrschaft, zur Hauptstadt des römischen Reichs. Im Jahre 312 nach Chr. wurde sie von Maxentius niedergebrannt, dann nothdürftig wieder aufgebaut, 439 von Genserich erstürmt und zur Hauptstadt des Vandalenreichs erklärt, 585 aber von Belisar erobert und auf’s Neue zum Schutthaufen gemacht. Justinian baute sie wieder auf und nannte den Ort Justiniana. Er schleppte 44 Jahre ein schwächliches Daseyn hin, bis 647 nach Chr. die Araber unter Anführung Hassan’s, Feldherrn des Kalifen Ben Merwan, ihn gänzlich zerstörten. Seitdem ist die Trümmerstätte unter der Herrschaft der Moslims geblieben, die zwei kurzen Perioden ausgenommen, wo Tunis von den Franzosen unter dem heiligen Ludwig (1270) und von den Spaniern unter Karl V. (1535) besetzt war.

Dieser Abriß von den Schicksalen Carthago’s erklärt genügend, warum sich so wenige seiner Reste bis auf den heutigen Tag erhalten haben und kein einziges durch Masse imponirt. Die ziemlich ansehnlichen Trümmer einer

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/251&oldid=- (Version vom 20.11.2024)