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das Gebiet der Drau und in die Thaler Kärnthens; so mußt du einen sehr steilen und vielfach gewundenen Pfad steigen und darfst die Anstrengung eines dreistündigen Kletterns nicht scheuen. –

Am reichsten wird dem Botaniker die Mühe vergolten, und ist ein solcher dein Begleiter, so sey gewiß, daß du ihn bald verlierst. Wie einen Jagdhund, der die Spur eines Wildes aufgefunden und derselben unablässig folgt, ohne auf den Ruf des Herrn zu hören, so siehst du ihn von Klippe zu Klippe klettern; die Müdigkeit aber, die er vor wenigen Augenblicken noch auf der bequemen Straße klagte, ist verschwunden; er sieht und hört nicht mehr. Zum erstenmale erblickt er die Fülle einer ihm bisher nur dem Namen und der Beschreibung nach bekannt gewordenen Pflanzenwelt, und er stürzt von Blüthe zu Blüthe, gleichsam besorgt, daß sie vor ihm eine hungrige Gemse erspähen möchte, oder die nach Alpenweide lüsternen Thiere des weidenden Senners. Nicht eher wirst du deinem Freunde wieder begegnen, als am Rande des ewigen Eises, die letzten Gaben sammelnd, die dort Flora dem Glücklichen in den Schoos wirft.




CCCXXV. Rio Janeiro.




Brasilien ist die einzige Monarchie in der neuen Welt, und die Ehre, eine fürstliche Residenz zu seyn, hat unter den amerikanischen Städten Rio Janeiro allein. Es liegt unterm 29. Breitengrade an einer der schönsten Bayen der Welt, umgeben von einem Panorama von Bergen, dessen hinter einander sich aufthürmende Gipfel bei hellem Wetter in einer Entfernung von 20 Seemeilen dem Schiffer sichtbar werden. Die zunächst der Stadt gelegenen sind steil, und auf ihnen sitzen, wie Adlernester, Warten, Klöster, das Observatorium und 2 kleine Kastelle. Einige von Gärten und üppigen Zucker- und Caffeepflanzungen umgebene Dörfer und Flecken beleben die entfernteren Punkte der Bucht. Quer vor dem Hafen und denselben schützend, liegt ein kleines, schmales Felseneiland, – Schlangeninsel, (Cabras) und erst, wenn man dasselbe umschifft hat, genießt man die volle Ansicht der Stadt, welche mit ihren vielen Palästen, den kaiserlichen Schlössern, den Klöstern und Kirchen über einen Mastenwald hervorragt. Die weiße Farbe der Gebäude macht, daß sie sich von dem dunkeln Hintergrunde der Berge grell abhebt.

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/225&oldid=- (Version vom 18.11.2024)