Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band | |
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voller Schönheit. Was erhielt dieses Gebäude vor allen andern? – Der Glaube that’s; denn Mahomed Chan ist ein großer Heiliger und Wunderthäter bei den Verehrern des Korans, und bis von Kabul und Persien her kommen die Pilger zum Gebet, oder um Befreiung von ihren Leiden zu suchen.
Das Mausoleum ist von Marmor, seine Form leicht, feenartig, originell, und nicht mit Unrecht nennt es der Gläubige „die Perle des Ostens.“ –
Von Salzburg dahin sind’s 18 Stunden. Kaum mag dem Reisenden eine andere gleich kurze Wegstrecke eine mannichfaltigere Gallerie von Landschaftsgemälden vorüberführen, und wenn er Geognost oder Botaniker ist, so wird er nirgends eine interessantere Parthie finden. Der reichste Genuß aber erwartet den Geologen, den Geschichtsforscher der Erde in der Betrachtung einer der schönsten Queer-Durchschnitte der ganzen nördlichen Abdachung der deutschen Alpenwelt. Während die zahllosen Versteinerungen am Wege, in der Salzburger Ebene, seine Aufmerksamkeit ganz abgezogen haben von der Außenwelt, steht er plötzlich still vor einer von Giganten zum Himmel aufgebauten Mauer; beinahe 8000 Fuß hoch starren die kahlen, weißen, gezackten Marmorwände empor und scheinen ihm jedes weitere Vordringen zu wehren. Nur der Bergstrom, der sich ihm entgegenwälzt, sagt ihm, daß auch er einen Weg hindurch finden werde. Jenem folgend öffnet sich, wie ein Riesenthor, eine Spalte des Gebirgs und eine Scene voll Erhabenheit tritt ihm entgegen. Wüthend rollt in der dunkeln Tiefe der Strom, der so ruhig durch die Ebene glitt. Noch gar nicht lange, so scheint es, borst hier die Mauer und aus der Bresche stürzte die Fluth des Sees, des jenseits gestaueten; denn noch frisch, wie von gestern, sind die Furchen an den Wänden, die die Gewalt jener Strömungen riß. Durch diese Spalte geht der Weg. Des Wanderers Auge hängt, nicht ohne Bangen, an den luftigen, eisgrauen Zinnen, die senkrecht in schwindelnder Höhe in das tiefe Blau des Aethers starren. Er denkt mit Herzklopfen an Verderben und Vernichtung, die ihn auf jedem Schritt aus der Höhe bedrohen: – da steht er plötzlich im lichten Sonnenglanze und wie durch
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/216&oldid=- (Version vom 17.11.2024)