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Zum Bilde! – Längs dem Maine dehnt sich auf hohem Uferrand (vom Untermainthore) eine herrliche Fronte prachtvoller Privatwohnungen bis zu dem Landungsplatze, dem Hafen und dem Hauptzollamte hinaus, und es folgt sodann die Mainseite des ältesten Stadttheils, eine Reihe alterthümlicher Gebäude mit hohen, überhängenden Giebeln und Schieferdächern. Dunkle, gewölbte, überthürmte Pforten (die sog. Wasserthore) geben Einlaß in das Innere der Altstadt. Oberhalb der großen Brücke, welche in den jenseitigen Stadtheil (Sachsenhausen) führt, steht, die Façade dem Main zugekehrt, abermals eine Reihe palastähnlicher Häuser auf hohem Gestade (die schöne Aussicht), und den würdigen Schluß dieser Parthie machen der Tempel der Stadtbibliothek am Obermainthor und das Wachthaus, dieses eine Nachbildung der Hallen des Campus Militum in Pompeji, jener im edelsten griechischen Styl. Um den weiten Halbkreis, den die Stadt selbst zwischen den beiden äußersten Punkten, dem Ober- und Untermainthor bildet, erfreuen, auf der Stelle ehemaliger Wälle und stinkender Gräben, die schönsten öffentlichen Anlagen mit schattigen Hainen, Bosketten von blühenden Sträuchen, Alleen, Rasenplätzen, Blumenterrassen, Teichen mit Geflügel etc. in reizender Abwechselung. Dazwischen sind die 5 Landthore: das Allerheiligen-, Friedberger-, Eschenheimer-, Bockenheimer- und Sanct-Gallusthor. Zur Seite der Promenaden gruppiren sich in zwei weiten Halbzirkeln Gärten und kleine Parks mit Palästen und Villen, die mehr wie alles Uebrige verrathen, daß Frankfurt wirklich die Stadt der Millionairs, die Residenz der Geldkönige, der Rothschilde und ihres Gleichen ist, an welche Sultan und Papst und Könige und Kaiser und die meisten Völker der Erde zinsen. Auch jenseits des Mains, auf der Mühlberger Höhe, über Sachsenhausen, hat, um der herrlichen Aussicht willen, der Reichthum seine Prachtwohnungen hingebaut; die Kleefelder und Weinberge verschwinden und machen Park-Anlagen Platz. Lange Reihen solcher Villen, deren Fürsten sich nicht zu schämen brauchten, stehen auch am untern Mainthor am Flusse hin, und damit die reichste Familie auf der Welt in diesen Aeußerungen des Ueberflusses würdig repräsentirt sey, so ist die Krone aller die Rothschild’sche Villa vor dem Bockenheimer Thore, welche des Herrlichen, was den Freund des Schönen fesseln mag, allein mehr enthält, als genügend wäre, ein Buch zu füllen. Fast alle großen Gärten haben Gewächshäuser. Das Schönste, was die Flora hier erzeugt, wird jährlich in eine Blumen-Ausstellung vereinigt, welcher sich keine andere in Deutschland an die Seite stellen kann. – Von den höher gelegenen Punkten der Promenaden hat man angenehme Blicke in das Land, und sie lassen erkennen, wie der Reichthum in dem glücklichen Frankfurt nicht Einzelne blos, sondern recht Viele erfreut. Ueberall sieht man neue Anlagen entstehen, Mauerwerke emporsteigen, und aus den Dörfern ringsum glotzen die neuen rothen Dächer, zeigend, wie die Fluth des Ueberflusses auch durch kleinere Kanäle sich weit in das Land ergießt. Viele Frankfurter wohnen übrigens im Sommer in den benachbarten Flecken und Städtchen; viele selbst das ganze Jahr hindurch, und diese kommen täglich zur Stadt für die Besorgung ihrer Geschäfte. Fiakers, welche an allen Thoren stehen, erleichtern die Verbindung.

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/204&oldid=- (Version vom 21.11.2024)