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ausschließlich leben, ist sehr groß und vermehrt sich mit jedem Jahr in dem Verhältniß, als der Geschmack des ungar. Adels an dem Leben in der Hauptstadt zunimmt. Daher die Menge prachtvoll eingerichteter Hotels, in deren eleganten Salons man zu jeder Tageszeit zahlreiche Gesellschaft findet. Die Kaffeehäuser haben Säle, deren Wände mit Marmor und kostbaren Spiegeln ausgelegt sind und in denen fünf bis sechs Billards stehen. Nachmittags um drei Uhr schon sind diese Lieblingsorte der Pesther meistens gedrängt voll, und erst um Mitternacht wird es lichter und einsamer. Die Gäste sind da nicht die einzige Gesellschaft. Juden und Hausirer kommen auch hierher und bieten ihre Waaren an, Zigeuner zeigen sich als Virtuosen auf der Violine und dem Hackbret, Harfenmädchen singen ungezogene Lieder und eine kecke Gauklerin macht sich Raum in der Mitte des Saals, breitet ihren Teppich aus, wirft das Oberkleid ab, und steht im Tricot da mit den Kleinen, welche ihre Kunst unterstützen. In der schönen Jahrzeit strömt, zumal Sonntags, Alles hinaus in’s Freie, doch, weniger um spaziren zu gehen, als um bald in einer grünen Laube oder unter schattigen Bäumen an einen gedeckten Tisch zu kommen, welches Bedürfniß die vielen, meistens sehr anmuthig gelegenen und angelegten Wirthsgärten reichlich befriedigen. – Die Vergnügungen der höhern und höchsten Stände sind in Pesth denen in andern Hauptstädten gleich, nur mit einem tüchtigern Anstrich von Sinnlichkeit, als im kältern Norden. Berichte über Thees, tanzende, singende, gähnende und glänzende Soirees, deren Ende von jedem Anwesenden herbei gewünscht wird, während sich alles entzückt stellt, sind langweilig, selbst, wenn sie auch geistreich und leicht wie aus Pücklerscher Feder fließen. Genug, der vornehme Ungar läßt in der Hauptstadt seinem Hang zur Verschwendung vollen Lauf, und er weiß Glanz mit Pracht zu paaren.

Werfen wir noch einen Blick auf Pesth als Handelsplatz. Der in reißender Progression zunehmende Productenreichthum des Landes, welcher auf der großen, natürlichen Fruchtbarkeit als auf fester Basis ruht; die stete Vermehrung der Communicationsmittel; die wichtige merkantilische Stellung, welche Ungarn, seitdem die Donau dem Weltverkehre wieder geöffnet ist, erhalten hat, und viele andere günstige Umstände lassen für Keinen, der die Fortschritte Pesths seit ein paar Jahrzehnten beobachtet hat, einen Zweifel übrig, daß es bald in die vorderste Reihe der Plätze für den Weltverkehr treten muß. Tirnau und Waizen und einige andere Orte haben zwar stark besuchte Märkte, und in Szegedin sehen sich Millionen um; aber nur Pesth hat die höhere Bedeutung als Vereinigungspunkt des ganzen ungarischen Handels mit Landeserzeugnissen. Die meisten der zur Ausfuhr bestimmten Produkte werden auf den großen Gütern in kaum glaublichen Massen gewonnen, welche, in die Speicher der Hauptstadt niedergelegt, da die Käufer erwarten. Man sieht in Ungarn z. B. Schafheerden von 10–40,000 Stück. Der jährliche Ertrag veredelter Wolle übersteigt jetzt 300,000 Zentner, was allein einen Werth von 30 Millionen Gulden ergibt. Dies ungeheure Geschäft geht durch Pesther Hände; eben so das mit Wachs, Honig, Wein etc., von welchen Waaren hier immer große Vorräthe lagern. Ganz eigenthümliche Verhältnisse kommen dabei dem Pesther Handelsstande sehr zu

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/191&oldid=- (Version vom 15.11.2024)