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die großen Menschen der vergangenen 3 Jahrhunderte neben ihn, die Könige und Feldherren und die Korpyhäen des Wissens: – aber ich konnte keinen Punkt der Vergleichung finden.

Geschlechter und Nationen vergehen; ganze Geschlechter und Nationen leben ohne sichtbaren Einfluß auf die Entwickelung der Menschheit; Luther kommt, und gleichsam im Triumphe führt er sie von Staffel zu Staffel im endlosen Vorwärtsstreben zur Vollkommenheit. Wohl, ich gebe es zu, sind Pausen gewesen, oder Perioden, wo der Fortschritt weniger bemerklich war; wenn aber Leute, die sich Luther’s Jünger nennen, statt den vom Meister gewiesenen geraden Weg fortzuwandeln, Irrpfade einschlagen; wenn, statt über sich zu sehen in das Blau des Himmels, sie ängstlich zur Erde blicken und, statt an der Hand der Freiheit und des Lichts fortzuwandeln, sie im Finstern tappen an der Hand des quälenden Zweifels, so ist’s nicht des Meisters Schuld. Luther kann nicht dafür, das, nachdem er Christus göttliches Werk von dem Schmutze gereinigt hat, worin Aberglaube und Arglist es unkenntlich hüllten, Thoren nun die Vernunft selbst als goldenes Kalb auf den Altar setzen, gleichsam über ihren Gott und über ihren Glauben. Solche Narrheit, ein solches Erheben der Magd über die Herrin, wollte Luther nicht. Seelig sollten die Menschen leben im lichten Gottesglauben, und erheitern und erwärmen daran sollten sich die Brüder, damit Jeder fröhlich hinblicken könnte auf das kahle Stoppelfeld der Zeit, bis es neu aufgrünt und das Räthsel eines endlosen Lebens für immer aufhört ein Räthsel zu seyn.


Der Nesselhof war bald erreicht, und dem brausenden, silberhellen Bach entlang bald auch Flohe. Von da bildet das Ufer des Bachs und weiterhin das der Schmalkalde eine fast ununterbrochene Kette von Weilern, Schleifmühlen, Hütten- und Hammerwerken. Die Blauöfen flammten, die Zain- und Stahlhämmer pochten und um die lodernden Essen drängten sich schwarze rußige Gestalten in malerischen Gruppen; und je näher der Stadt, je mehr häuften sich auch die Zeichen einer Betriebsamkeit, von welcher Schmalkalden seit undenklicher Zeit der Mittelpunkt ist. Noch zu Anfang dieses Jahrhunderts dienten den Eisenfabriken dieser Stadt und ihrer Umgebung 7 Hoch- und Blauöfen, 27 Eisen- und Stahlhämmer, 11 Rohr- und Drathhämmer und 25 Schleifmühlen. Den größten Theil dieser Werke treibt die Schmalkalde, welche, vom Hochrücken des Gebirgs komment, sich in kleinen, oft malerischen Wasserfällen dem weiten Bergkessel zustürzt, in welchem sich Schmalkalden selbst mit seiner alten Burg gar stattlich ausbreitet.

Uralt ist der Ort und er kommt schon in den Urkunden des 9. Jahrhunderts als blühend vor. Er ist die größte nicht nur, sondern auch die volkreichste Stadt des ganzen Thüringer Waldes; denn er zählt über 1200, meistens hölzerne Häuser und an 7000 Einwohner. Die innere, eigentliche Stadt ist mit einer doppelten Mauer

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/124&oldid=- (Version vom 3.11.2024)