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im Stande sind. Nur an einzelne Thatsachen können wir uns halten. So verordnete vor dreihundert Jahren Heinrich der Achte, der prachtliebende König Englands, der Oberhofmarschall solle auf die zinnernen Löffel wohl ein Auge haben, die bei der Tafel in Gebrauch waren; und den Offizianten seines Marstalls schlug er die Bitte um etwas mehr Stroh zu ihrer Lagerstätte ab. Zu jener Zeit war im Hause des Londoner Bürgers ein Talglicht ein Zeichen von Luxus, und in vielen Wohnungen brannte man Kienspäne; ein Hemd war verschwenderischer Aufwand und nur der Vornehme trug es. Träten jene ehrenfesten Bürger heute in die Stube des Londoner Handwerkers, wie würden sie erstaunen über die prunkvolle Verzierung, über die Möbels von Mahagony und Ormolu, über die purpurnen Blumen in den schwellenden Fußteppichen, über die krystallenen Kronleuchter an der Decke und über die Menge des in Glasschränken aufgeschichteten Geräthes von Silber. Der Mann braucht 1000 Pfund Sterlinge für seinen Haushalt und er braucht sie nicht nur, er erwirbt sie auch, während sein Vorfahr mit 100 Thalern auslangte, um dieselbe Rangstufe in der Gesellschaft einzunehmen, die jener behauptet.

Aus dieser in’s Weite gehenden Steigerung der Bedürfnisse und des Verbrauchs ist für die Gesellschaft der Vortheil entstanden, daß die Güter der Erde sich, nach dem Maaße ihrer Erzeugung, gleichmäßig von Pol zu Pol vertheilen, und jeder Mensch Theil nimmt an dem, was ihr mütterlicher Schooß in allen Zonen ausgeschüttet hat. Der Handel aber, der dabei den Vermittler macht, der es über sich nimmt, jene gesteigerten Bedürfnisse zu befriedigen, ist seit dreihundert Jahren in gleichem Verhältniß gewachsen und hat sich, sowohl der Quantität als dem Umfange nach, vervielfacht. Ehemals war er Monopol weniger Volker, ja, weniger Städte; jetzt ist er ein allgemeines Gut geworden, an welchem alle civilisirten Nationen Theil haben. Statt daß ehemals eine verhältnißmäßig geringe Zahl von Individuen fürstliche Vermögen dabei erzielten, vertheilt sich jetzt sein Gewinn über so viel Tausende, und statt eines Venedigs hat die Erde jetzt hundert, welche bestehen und blühen, nicht unter dem Schild des Monopols, sondern durch Reibung ihrer Kräfte und durch rastlose Anstrengung.

Ein solches Venedig der Neuzeit ist die uralte, jugendlich blühende Hammonia. Venedig, Genua, Antwerpen, Amsterdam, Lissabon, Cadix, Marseille, – alle, die vor ihr waren, hat sie nach einander, ohne Kampf und ohne Ostentation, übersprungen, und unbestritten behauptet Hamburg seit dem Pariser Frieden unter den Märkten des alten Continents den ersten Platz.

Die örtliche Lage ist bei einer Handelsstadt immer von entscheidendem Einfluß und ohne eine günstige läßt sich ein dauerndes Gedeihen jener überhaupt nicht denken. Die Lage Hamburgs ist nicht allein vortheilhaft, sie ist auch schön. – Drei Flüsse: die aus dem Herzen von Deutschland kommende, hier eine Stunde breite Elbe, die Mutter des Reichthums, mit ihren reizenden Inseln; – die liebliche Alster, welche sich erst zwischen blumigen Ufern hinzieht und dann zu einem See (der Außenalster) ausbreitet, und einen zweiten, kleinern (die Binnenalster)

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1840, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_7._Band_1840.djvu/105&oldid=- (Version vom 28.10.2024)