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CCXXXXVIII. Monea in Indien.




Wir hören jetzt nichts mehr von den Mogulkaisern Indiens, ihr Name ist verschollen; der Fürst, der noch seinen Titel trägt, ist der unterthänige Diener eines englischen Beamten, der Schatten eines Schattens. Delhi selbst, die Residenz, sie ist verödet, der Kaiser-Pallast, in dem noch vor hundert Jahren 40,000 Sklaven dem Winke des Herrn lauschten, zum Theil Ruine. Gänzlicher Verfall und Verlassenheit aber sind das gemeinsame Loos jener Orte, wo die einst mächtigsten Beherrscher des Orients gelegentlich residirten; der Städte, deren Existenz auf das Daseyn eines verschwenderischen Hofes sich stützte.

Auch Monea (12 Meilen von Agra), gehörte einst unter die Residenzen des großen Moguls und zu den prachtvollsten und gefeiertesten Städten Asiens. Gegenwärtig ist es ein armseliger Flecken, der in den stundenlang sich ausstreckenden Ruinen sich ausnimmt wie eine hölzerne, schmutzige Bude neben einer Kathedrale.

Die Ursache von Monea’s Verfall ist noch älter als der Sturz des Kaiserreichs; sie liegt in einem jener furchtbaren Naturereignisse, welche in Indien häufiger vorkommen, als irgend sonst wo: der plötzlichen Veränderungen im Laufe der Ströme. Vorzüglich sind Indus und Ganges, zur Regenzeit, wenn sie von den schmelzenden Firnen des Himalajah ungeheure Wasser- und Geröllmassen in die Ebene wälzen, solchen Veränderungen unterworfen. Ein 4 Stunden von Monea einmündender Arm des Ganges (der Sone) hatte vor etwa hundert Jahren sein gewohntes Bette verschüttet und durch die gestaueten Fluthen wurde das Land zwanzig Meilen weit überschwemmt. Als sie sich endlich wieder Bahn brachen zum Hauptstrome, ließen sie die Gegend von Monea und die Straßen der Stadt bedeckt mit einem Kies- und Sandlager, dessen Stärke zwischen 6 bis 15 Fuß wechselte. Die lachende Landschaft war eine Wüste geworden, Gärten, Felder waren verschwunden, und an die Stelle der üppigsten Fruchtbarkeit war hoffnungslose Unfruchtbarkeit getreten. Vergeblich erschöpften die zurückgekehrten Einwohner sich in Versuchen zur Kultur des undankbaren Bodens. Es blieb ihnen am Ende nichts übrig, als der Stadt den Rücken zu kehren und sich in andern Theilen Indiens niederzulassen, wo sie mehre noch blühende Orte gründeten. Die wilden Thiere der Wüste zogen nun ein in die öden Palläste, Jakals heulten in den Tempeln und in den Augenhölen der Götterbilder nisteten Schwalben.

Monea hat alle städtische Bedeutung verloren, wird aber doch, seiner Ruinen wegen, von allen Reisenden besucht, welche für das Studium der indischen Architektur zu verschiedenen Epochen ihrer Blüthe hier große Ausbeute finden. Am besten erhalten ist das Mausoleum des Mokduh Schah, eines Königs

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/71&oldid=- (Version vom 18.11.2024)