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etwa 30,000 Einwohner. Meilenweit ist es umgeben mit wellenden Rebenhügeln, von welchen die kleinen, weißen Winzerhäuschen blinken, und unmittelbar um die Stadt schlingt sich ein dichter Kranz von Orangenwäldchen, freundlichen Garten-Anlagen und schattigen Gängen.

Es gibt in der Regel nichts Schöneres, als der Fernblick spanischer Städte; aber oft auch nichts Elenderes, als deren Inneres. Xeres macht eine ehrende Ausnahme. Im großen spanischen Trauerhause liegt die freundliche, rührige Stadt, wie ein sonniges Erkerstübchen, das man schwarz auszuschlagen vergessen hatte. Die Schloßenwetter des Bürgerkriegs, welche so viele Provinzen verwüstet und das öffentliche Glück fast allwärts zerschlagen haben, sie gingen an diesen glücklichen Rebengeländen bisher spurlos vorüber. Freilich walten auch hier noch andere günstige Verhältnisse ganz eigenthümlicher Art. Xeres ist gewissermassen ein HORS D’OEUVRE, es ist der Sitz einer Colonie von Fremden, deren Einfluß auf den Charakter und den Sinn der spanischen Bevölkerung seit vielen Jahren wohlthätige Wirkungen äußert, und es hat in seinen Weinbergen eine unerschöpfliche Fundgrube des Erwerbs und des Reichthums. Die hiesigen Weine sind die edelsten Spaniens. Deren Gesammtausfuhr beträgt in gewöhnlichen Jahren 35,000 Stück, (davon gehen über 20,000 Stück nach England,) und ihr Werth übersteigt 2 Millionen Piaster.

Dies große Geschäft ist meistens in den Händen von Ausländern, welche sich, viele seit mehren Generationen, hier niederließen. Man trifft Engländer, Franzosen, Deutsche, Holländer und Nordamerikaner hier an, welche zum Theil sehr reiche und angesehene Häuser repräsentiren. Die Weinniederlagen gehören zu den Bauwundern Spaniens. Denke dir nicht etwa dunkle, unterirdische Keller, sondern ungeheuere, massive, kirchenähnliche Gebäude, deren Gewölbe von Säulenreihen getragen werden, zwischen welchen die vollen Fässer zu tausenden lagern. In diesen Gebäuden, die von allen Seiten mit Fenstern versehen sind, wird eine stete Luftcirculation mit Sorgfalt unterhalten. Dennoch ist die Ausdünstung für den Neuling überwältigend. Man hat Säle, in denen 80,000 Eimer Wein liegen! Am Rheine erzählt man sich vom Heidelberger Faß, und hört mit Staunen, daß es einmal voll Wein gewesen; – hier sieht man solche Riesenbehälter (MADRE, Mutterfässer genannt) in Menge, und angefüllt mit den hundertjährigen Erzeugnissen der edelsten Gewächse. Alle ältern Weine werden in so großen Fastagen gezogen, weil man die Erfahrung gemacht hat, daß sie sich in solchen zu einer vollkommneren Reife entwickeln. – Diese Mutterweine werden niemals in unvermischtem Zustande versendet; sie dienen vielmehr dazu, jüngeren Weinen die Blume und den Geschmack der ältern zu verleihen, und ein sehr mäßiger Zusatz reicht für diesen Zweck gewöhnlich aus.

Wenn aber die Preise es nicht zulassen, jene kostbaren Madre-Weine zum Verschneiden anzuwenden, dann bedient man sich dazu gekochter Weine, von denen immer große Vorräthe da sind. Es gehört schon ein feiner

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/52&oldid=- (Version vom 1.10.2024)