Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band | |
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diese Zeit, – wo alle großen Städte in so viel Tagen mit einander verkehren, als sie hunderte von Meilen aus einander liegen; wenn die Zeit gekommen seyn wird, wo die, jetzt fragmentarisch dastehenden, Eisenbahnen sich zu einem großen Eisenbahnnetze über den Erdkreis verketten, das allen Völkern dazu dient, ihre Bedürfnisse und ihren Ueberfluß an materiellen Gütern, wie an geistigen, zu tauschen, Ideen und Begriffe wechseln, und persönlich mit einander bekannt zu werden; wenn jedes Ereigniß und jedes Verhältniß, was an einem Ende der Welt eintritt, oder sich neu gestaltet, an ihrem andern Ende tausend Thätigkeiten weckt und die Frage: wer benutzt sie am schnellsten und gewandtesten? ein allgemeines Parforcejagen von Wissen, Fähigkeiten, Kenntnissen, Geschick und Kunst aus einem Welttheil in den andern hervorruft; wenn Jeder und Alle, schon um der Existenz willen, sich diesem couriermäßigen Treiben und Durcheinanderjagen der Kräfte hingeben: – dann wird freilich die Behauptung, „das Eisen ist der mächtigste Hebel der Civilisation,“ Niemanden mehr befremden. –
Von des Eisens Bedeutung für die Zwecke der Civilisation ist ein weiter Sprung des Gedankens herab bis zu jenes Metalls positiver Wichtigkeit als Produkt des Bergbaus. In dieser Beziehung nimmt es bei weitem die erste Stelle ein, und der jährliche Produktionswerth aller übrigen auf der Erde gewonnenen Metalle zusammengenommen, ist noch nicht der fünfte Theil vom Werthe jenes einzigen in seiner rohesten, metallischen Gestalt. Alle Gold- und Silberbergwerke des Erdballs erzeugen jährlich für nicht ganz 120 Millionen Gulden; die des Kupfers für 40 Millionen; jene aller übrigen Metalle, Eisen ausgeschlossen, bringen höchstens für 30 Milionen hervor: – das Quantum des jährlich blos in Europa gewonnenen Eisens hingegen übersteigt 40 Millionen Zentner, und sein Werth (als Roh- und Stabeisen) 300 Millionen Gulden! Das kleine England beschäftigt in seinen Eisenminen, Eisenhütten und Schmelzwerken 160,000 Menschen, und nicht viel geringer ist die Zahl Derer, die ihren Unterhalt von der Gewinnung der Steinkohlen haben, die zum Schmelzen des Eisens erforderlich sind.
Nächst England liefert, im Verhältnis zu seiner Größe und Volkszahl, das industrielle Belgien das meiste Eisen, – gegenwärtig über 3 Millionen Cntr. Cockerill hat hier Wunder gewirkt, sowohl unmittelbar, wie durch sein Beispiel. Sein bewundernswürdiges Etablissement zu Seraing, (Bild und Beschreibung desselben folgt in einem spätern Hefte), auf eine Eisenproduktion von jährlich 1 Million Centner berechnet, ist allein schon hinlänglich, jenen Mann als einen großen Menschen zu bezeichnen, als jener Thatenmenschen einen, die im Aetherblau der Zeit dastehen wie Gebirge, aber eben darum vom gemeinen Haufen in der Tiefe nie recht gemessen, nie recht erkannt und nie recht beurtheilt werden können. Auch der große Cockerill hat das erfahren müssen, am empfindlichsten jetzt,
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/42&oldid=- (Version vom 28.9.2024)