Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band | |
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Gesellschaft besucht sind, und wo man sich in einem leichten, freien, dem Fremden behaglichen Tone bewegt. Fast jeder öffentliche Garten schließt ein Belvedere ein, von dem man die Aussicht auf den majestätischen Strom genießt, der sich in halbstündiger Entfernung mit der mächtigen Drau vermählt. Jenseits fällt der Blick auf Belgrad, dessen einst so gefürchtete Akropolis man mit dem Interesse betrachtet, das ein gezähmter Löwe einflößt.
Der täglich steigende Wohlstand Semlins ist nur eine von den sichtbaren Wirkungen, welche die Eröffnung der Donau durch die Dampfschifffahrt auf alle Uferländer äußert. Servien, Bulgarien, die Moldau und Wallachei waren vor jenem Ereigniß dem allgemeinen Verkehr verschlossen, und die natürlichen Reichthümer dieser Landstriche ihnen selbst fast werthlose Güter. Das Leben versumpfte bei ihren wunderbar gemischten Völkern; der Civilisation waren sie unzugänglich, auf der Kulturkarte der Menschheit ein leeres Fleck. Seit jenem großen Fortschritt in der Verbindung mit dem übrigen Europa keimen Veränderungen auf, deren Entwickelung außer menschlicher Berechnung liegt, und nur Eines läßt sich mit Sicherheit behaupten: auch hier wird niederstürzen der Thron der physischen Macht, und an seine Stelle wird treten jene friedliche, prunklose Herrschaft des Geistes, für welche jede Erfindung eine neue Waffe und eine neue Bürgschaft des gewissen Sieges ist.
Von den Süd-Donauländern, für welche ein neues Leben aufgeht, wenden wir ungern den Blick nach dem abendlichen Ende Europa’s. Dort die Morgenröthe einer neuen Kultur; hier der Untergang einer alten. Dort sprengt die Rohheit ihre Hülle zur schönern Gestaltung; hier macht die Gesittung ihre scheußliche und blutige Metamorphose zur Barbarei. Armes Spanien! armes, unglückliches Land, ohne Trost und ohne Hoffnung! Hingegeben den Furien des Bürgerkriegs, regt sich kaum noch eine Stimme des Mitleids, oder der Theilnahme, bei der gaffenden, vom überlangen Schreckensschauspiel ermüdeten Mitwelt. Wer mag auch deinen Treibern nachzählen, wenn sie mit viehischer Grausamkeit die kaltblütig gemordeten Opfer einander vorrechnen, und wer sympathisiren mit Menschen, die, wenn sie der Wehrlosen ein Paar Dutzend mehr hingeschlachtet haben, als die Gegenpartei, sich freuen, wie
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/34&oldid=- (Version vom 28.9.2024)