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Stadt. So endigte die Freiheit Danzig’s nach 700jähriger Dauer. Für den Verlust derselben gewann die Stadt unter Preußens Herrschaft ein neues Handelsgebiet und auch das enge Bündniß seines Herrn mit England, dem meerbeherrschenden, führte dem Ostseehandel große Vortheile zu, die der Fleiß und Unternehmungsgeist der Danziger emsig und klug benutzten. Bevölkerung und Wohlstand wuchsen von neuem und rasch, und Alles verkündigte die Wiederkehr alter Größe und die Wiedererlangung seines ehemaligen Ranges als erster Handelsplatz der Ostsee. Da trat der unglückliche Kampf Preußens mit Napoleon ein, und mit dem Doppelschlage bei Jena und Auerstädt, der die Monarchie zertrümmerte, war auch Danzig’s Glück erschlagen. Am 7. März 1807 erschien ein französisches Heer unter Marschall Lefebre vor den Außenwerken der Stadt, und nach einer fast dreimonatlichen heldenmüthigen Vertheidigung unterm Grafen von Kalkreuth hielten die Franzosen siegreichen Einzug. Ihre Bomben hatten 600 Häuser zerstört, eine Menge Bürger getödtet; eine Contribution von 20 Millionen Franken gab dem städtischen Wohlstand tödtliche Wunden. Der Tilsiter Friede dekorirte Danzig mit dem Titel einer freien Stadt; aber in der That war’s nur eine Verlängerung des französischen Jochs. Danzig blieb französischer Waffenplatz, erhielt franz. Gesetzgebung und behielt franz. Besatzung bis zum Ausbruch des russischen Kriegs. Nach dessen weltkundigem Ausgang (1812) warf Napoleon die Hälfte von dem Ueberreste seines Heers (30,000 Mann) nach Danzig, dessen Vertheidigung gegen das Belagerungscorps der Alliirten General Rapp mit Ruhm und eiserner Beharrlichkeit ein Jahr lang fortsetzte. Während dieser langen Zeit war Danzigs Bevölkerung unbeschreiblichem Elende preisgegeben, Seuchen und Hungersnoth rafften Viele weg und bei der gänzlichen Stockung allen Erwerbs trat allgemeine Verarmung ein. 400 Häuser hatte das Bombardement zerstört. Von so lange andauernden Drangsalen und wiederholten und großen Unglücksfällen hat sich das ehrwürdige Danzig nicht erholen können, und auch die neuesten Verhältnisse, der Ruin des polnischen Wohlstandes durch die Revolution und die gänzliche Absperrung der polnischen Grenze gegen Preußen, wodurch Danzig die natürlichen Quellen seines Verkehrs und Erwerbs entzogen worden, sind nicht geeignet, seine Lage zu verbessern. In dieser Beziehung theilt es eine schwere Zeit mit andern preußischen Ostseehäfen, befonders mit Elbing und Königsberg, deren Handel ebenfalls nur noch ein Schatten ihrer einstigen Größe ist, während die Nachbarhäfen in Rußland von Jahr zu Jahr mehr emporblühen. Nur für den Getreidehandel ist Danzig noch ein Markt ersten Ranges in Europa, und in den nicht häufigen, und nur kurzen Perioden, wo er blüht, frischt sich das lebensvolle Bild der Vergangenheit auf. Danzig hat gegenwärtig, einschließlich der Garnison, 60,000 Einwohner und 5400 Häuser.

Unser meisterhafter Stahlstich gibt ein treues und charakteristisches Bild von dem Innern dieser alterthümlichen Stadt.



Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/226&oldid=- (Version vom 8.10.2024)