Seite:Meyers Universum 6. Band 1839.djvu/195

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
CCLXXV. Upsala.




In einer großen und fruchtbaren Ebene, 7 geographische Meilen nördlich von Stockholm, liegt die uralte Residenz der schwedischen Könige, das ehrwürdige Upsala. Lange vor Stockholms Gründung war es die reichste und größte Stadt des Reichs. Nicht Könige von Schweden, Könige von Upsal nannten sich die Herrscher in ältester Zeit, und noch zeigt man in der Nähe die Ebene, wo das freie Volk zur Königswahl sich versammelte und der Gewählte die Salbung und die Insignien der königlichen Würde empfing. Von seinem alten Glanze hat Upsala nichts gerettet, als das Recht, die Könige von Schweden in seiner Kathedrale zu krönen, und seine Universität. Sie, die älteste im nördlichen Europa, war immer ein starker Träger der schwedischen Literatur und Wissenschaft und blüht noch gegenwärtig kräftig fort.

Sie wurde 1476 vom Reichsvorsteher Sten Sture gegründet. Gustav Adolf, von dem das schöne Akademiegebäude herrührt, gab ihr eine neue Einrichtung, erweiterte mit königlicher Munifizenz ihren Fond und ihre Einkünfte, stiftete eine Menge Stipendien für arme Studirende, und ward so gleichsam ihr zweiter Gründer. Die berühmte Universitätsbibliothek, welche über 100,000 Bände und an 1200 Handschriften zählt, dankt ihm und seiner Nachfolgerin, der Königin Christine, einen großen Theil ihrer Schätze. Unter den Namen berühmter Lehrer, welche die Universität zieren, sind Celsus und Linné unsterbliche. – Die Universität besitzt alle erforderlichen Institute zur Förderung der Wissenschaften: eine Sternwarte, Münz-, Naturalien- und Kunstsammlungen, und einen prächtigen botanischen Garten, dessen erste Anlage von Linné selbst herrührt. Die Zahl der Studirenden erreichte in den letzten 10 Jahren zuweilen 1400. König Friedrich stiftete 1728 in Upsala eine Gesellschaft der Wissenschaften, welcher die meisten der Professoren und viele ausgezeichnete Gelehrte des Reichs angehören, und die jährlich ihre wichtigsten Verhandlungen herausgibt.

Die Stadt ist hübsch gebaut; aber wie in den meisten nord-schwedischen Städten haben ihre Häuser größtentheils Schindeldächer, und sehr viele sind nur von Holzstämmen und mit Birkenrinde bekleidet. Da überdieß die Wohnungen weit aus einander stehen, so gibt es der Stadt ein fast dörfliches Ansehen. Prachtvoll ist die Kathedrale, im schmuckreichen Styl vom Notre-Dame zu Paris, ein nobles Wert aus dem 15ten Jahrhundert. Sie ist die schönste des ganzen Landes. Ihr erster Pfarrer ist der Erzbischof, das Haupt der ganzen schwedischen Geistlichkeit,

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/195&oldid=- (Version vom 7.10.2024)