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der Maaßstab größer. Berchtesgaden und Salzburg sind zu vergleichen wie eine hohe Jungfrau mit dem siegprangenden Weibe. Dort noch verschlossene Knospe; hier Blüthe und Frucht: dort die urkräftige Natur; hier die mit der Kultur vermählte, voll ihres Segens.

Der von der Salza durchströmte Salzburger Bergbusen ist auf drei Seiten mit Hochalpen umschlossen und nur nordwärts setzt sich das Thal gegen Baiern hin als Ebene fort. Am linken Ufer der Salza liegt der größte Theil der eigentlichen Stadt, die uralte Veste Hohensalzburg, der Mönchberg und die Vorstädte Nonnthal und Mühlen; der kleinere Stadttheil sammt Vorstadt Stein und der sogenannte Kapuzinerberg nehmen das jenseitige, rechte Ufer ein. Eine 370 Fuß lange Brücke von Stein verbindet beide Stadttheile. Wall und 10 Thore umschließen das Ganze.

Salzburg’s Inneres verräth das ehrwürdige Alterthum in engen, unregelmäßigen Straßen, aber zugleich Geschmack und Wohlhabenheit in den stattlichen, solid gebauten, durchaus massiven Häusern, deren es 800 mit etwa 13,000 Einwohnern zählt. Der große, ernste Charakter des Baustyls, die regelmäßigen Märkte etc. etc., die prächtigen Springbrunnen erinnern an die Nähe Italiens. Viele öffentliche Gebäude sind von ausgezeichneter architektonischer Schönheit; vorzüglich die Domkirche, ein Meisterwerk von Sanzio Solari, im Styl des Vatikans, mit 2 hohen Thürmen und prächtiger Marmorfaçade; im Innern voll vortrefflicher Malereien der besten deutschen und italienischen Meister des 17. Jahrhunderts. Das Baptisterum gilt als das schönste seiner Art in ganz Süddeutschland. Schön ist auch die Lyceums-Kirche in griechisch-römischem Style; ihr gegenüber steht das Haus, wo der berühmteste Tonkünstler der neuern Zeit, Mozart, das Licht der Welt erblickte. Daß Salzburg diese Ehre würdigt, zeigt das dem großen Manne jetzt in seiner Vaterstadt errichtete Denkmal. Schöne Altargemälde von Rottmeyer machen die Franziskanerkirche ebenfalls eines Besuches werth; und die alte Peterskirche zeigt die Grabmäler der Heiligen Rupert und Vital und des Componisten Haydn. Künstler wie Troger, Högler und Greitter schmückten die Bürgerspital- und Sebastianskirche mit Fresken und Altargemälden aus. Die ehemals fürsterzbischöflichen, jetzt kaiserl. Schlösser, die alte und die neue Residenz mit ihren prachtvollen Marställen (jetzt Kasernen) und Reitschulen, von denen die sogenannte Sommerreitschule ganz in den Fels des Mönchbergs gehauen ist, imponiren durch Größe, obschon ihr verlassenes ödes Ansehen an das SIT TRANSIT erinnert, was in Salzburg noch durch vieles Andere geschieht. Denn wie sehr auch die jetzige Regierung bestrebt ist, der Stadt den Verlust der fürsterzbischöflichen, später kurfürstlichen Vergangenheit vergessen zu machen, so wird dieser doch noch schmerzhaft gefühlt. Schneller würde die Wunde verharrschen, wären in Salzburg Handel und Gewerbe blühender, als sie sind.

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/190&oldid=- (Version vom 7.10.2024)