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CCLXVI. Bombay.




Bombay, die Metropole der Präsidentschaft und des ganzen brittisch-indischen Westens, ist neuer, ist europäischer Gründung. Ihre ersten Ansiedler waren Portugiesen aus Goa, welche, angezogen durch die Vortrefflichkeit eines gesicherten Hafens, sich hier niederließen und ein kleines Fort und eine Faktorei erbauten. So lange Goa blühte, kam jedoch Bombay nicht auf, und die Ungesundheit des Klima’s brachte die Niederlassung in Verruf. Erst dann, als mit dem Verfall der portugiesischen Herrschaft in Indien auch Goa sank, als die Britten sich zu Herren der Küste und auch von Bombay erhoben, blühete der Ort rasch empor, und im Laufe der Jahre zog er den größern Theil der Einwohner der Mutterstadt an sich. Ein kurzes Jahrhundert reichte hin, aus einem bloßen Haufen von Klippen und niedrigen Dünen, welche die See nach Gefallen durchtosete und überfluthete, eine der schönsten Städte zu bilden, die, im brittisch-indischen Reiche, nur Calkutta und Benares an Größe und Bevölkerung nachsteht. Bombay hat gegenwärtig 240,000 Einwohner. Es ist ein Mittelpunkt für den Handel Indiens, der große Markt für alle Länder am rothen Meere, den persischen Golf, die Ostküste Afrika’s; für Arabien, Syrien, Mesopotamien; für den indischen Archipel und für China; – es ist der Hauptstützpunkt der Macht Englands im westlichen Asien. Von Bombay reicht der brittische Dreizack, theils unmittelbar herrschend, theils gebieterisch schützend, nach Cabul und Herat und weiter bis an die asiatischen Pforten des russischen Weltreichs. –

Die Stadt, größer als Berlin, hat über 30,000 Häuser und steht auf einigen kleinen, jetzt verbundenen Inseln, welche zusammen eine Länge von 2 Meilen bei geringer Breite haben. Eine Meerenge, 2 Stunden breit, scheidet sie vom festen Lande. Als die Engländer, 1661, in deren Besitz kamen, fanden sie ein kleines, ruinirtes Fort, einige verfallene Magazine, Dünen, mit haushohem Schilf oder Bambusrohr bedeckt und mit Tygern und andern reißenden Thieren bevölkert, gegen welche die wenigen Einwohner immerwährend einen Vertheidigungskrieg zu führen genöthigt waren. Sümpfe verpesteten die Luft, und das höllische Klima raffte, sprüchwörtlich, jeden Menschen in 2 Monsoons hinweg. Die Britten hieben die Wälder und Rohrdickichte nieder, entwässerten das Land und befreiten es von der Ursache der schädlichen Miasmen. Gegenwärtig gewährt die ganze Insel den Anblick eines wohlbebauten Gartens. Eins nur fehlt, zur großen Plage der Einwohner und zum noch größern Nachtheil der Gesundheit:

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/155&oldid=- (Version vom 7.10.2024)