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Sammlung alter Waffen; doppelt interessant dadurch, weil sie größtentheils schwarzburgischen Fürsten und namhaften Personen von geschichtlichem Interesse zum Gebrauch gedient hatten. – Zunächst am Schlosse ist der Wildgarten wie ein Park mit Wegen durchschnitten und der Spaziergänger findet da viele Punkte, die entweder durch ihre Aussicht oder durch den Charakter des Romantischen und Schauerlichen fesseln. – Im Grunde weiter aufwärts kann man auch noch die Spuren der vor uralter Zeit berühmten Seifenwerke sehen, in denen die Vorfahren aus dem Sand und Gerölle der Gebirge, welche Strom und Regen im Thale abgelagert hatten, Gold wuschen. An dem zu Bergen aufgehäuften Schutt ist zu erkennen, wie großartig diese längst vergangene Industrie betrieben worden seyn müsse. Die letzten Goldwäschen bestanden noch um 1750; sie wurden aufgegeben, als sie den damit Beschäftigten nicht einmal mehr einen Taglohn übrig ließen. Man machte zwar Versuche, die Lagerstätte des kostbaren Metalls in den Gebirgen zu erforschen; doch waren sie zu ohnmächtig, um zum gewünschten Resultat gelangen zu können, und obschon man Baue auffand, wo vor Alters Gold unzweifelhaft gegraben worden war und man viele Spuren entdeckte, so reichten doch die Mittel niemals aus, sie gehörig zu verfolgen. Gegenwärtig ist im ganzen Schwarzagebiet, wo im 14., 15., und 16. Jahrhundert Tausende von Bergleuten den schwarzburger Bergsegen weltberühmt machten, auch nicht eine einzige Grube mehr in Ausbeute, und die vielen, ehedem am Flusse gelegenen Wäsch-, Poch- und Schmelzwerke sind entweder verschwunden, oder in Mahlmühlen, Blech-, Hammer- und Eisenhüttenwerke umgewandelt. Letztere holen ihre Erze vom Auslande, den preuß. und meiningischen Gruben bei Saalfeld und Schmiedefeld. – Das 2 Stunden von Schwarzburg thalaufwärts gelegene, unter fürstlicher Verwaltung stehende Eisenwerk Katzhütte (mit Hoh- und Blauöfen) ist das bedeutendste des Thüringerwaldes, und kann eben so schöne und so zierliche Gußwaaren als die Berliner königl. Gießerei liefern. Es beschäftigt über 200 Personen. Ein Gang dahin lohnt die Mühe reichlich, zumal wenn es dem Besucher glückt, im Direktor, Bergrath Junot, die Bekanntschaft eines der gebildetsten praktischen Hüttenleute Deutschlands zu machen. Dessen Gattin ist die Tochter des großen Schiller, und uns, den Weithergereisten, dünkte so manche Reliquie des deutschen Dichterfürsten, die hier verwahrt ist, einer noch weitern Wallfahrt würdig.



Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/143&oldid=- (Version vom 26.11.2024)