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CCLXIII. Schloss Schwarzburg in Thüringen.




     Längst sanken die Schlösser in ewige Nacht,
          Der Ritter auf Thüringer Erde;
     Die Schwarzburg allein, in herrlicher Pracht, –
          Noch prangt sie, wie eine Verklärte.
Wie blickt sie dort bräutlich im Walde heraus,
Die gräfliche Burg, nun das fürstliche Haus.

     Was mag doch wohl die Ursach’ seyn
          So selt’nen Glücks? wirst du fragen.
     Der Segen, der kommt von oben herein,
          Mein Freund! – Doch will ich dir’s sagen:
Die Schwarzburg gab Schutz; sie raubte nicht;
Drum brach sie kein Sturm, kein Gottesgericht.


Unsere Rudolstädter Freunde hatten die Vorkehrungen zu der beschlossenen Lustfahrt nach Schwarzburg schnell getroffen. Zwei Troschken fuhren vor; die Kinder und ein Flaschenkober waren bald an Bord gebracht, und fröhlich lichteten wir morgens um 6 Uhr, bei dem heitersten Himmel, die Anker. Alles deutete auf einen freundlichen, warmen Tag. Frisch und fröhlich schmetterten die Posthörner, als wir über das Steinpflaster der kleinen Residenz rollten, und manches hübsche Gesichtchen im Nachthäubchen, dem man’s ansah, daß wir es geweckt hatten, kam, als wir vorüber fuhren, an’s Fenster. Bald waren wir im Freien, und Bäume, Gärten und Felder flogen pfeilschnell an uns vorüber.

Von Rudolstadt geht der Weg anfangs auf der Saalfelder Straße hin nach dem nahen, schönen Dorfe Volkstädt. Die dasige Porzellainfabrik ist die älteste Mittel-Deutschlands. Sie besteht seit fast hundert Jahren. – Jenseits Volkstädt hat man von einer kleinen Anhöhe noch einmal die lachendste Aussicht auf das schöne

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/139&oldid=- (Version vom 5.10.2024)