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Orangerien und Gewächshäusern umgeben und dahinter streckt sich ein weiter Park, mit Wegen durchschlungen, über Berg, Fels und Thal aus. Im Speisesaal des Veteranen hängen die lebensgroßen Bilder aller Kriegshelden der schwedischen Geschichte. – Drottingholm und Gripsholm liegen entfernter. Dampfboote führen alle Sommersonntage Einheimische und Fremde zu Hunderten nach diesen 2½ und 4 Meilen entfernten herrlichen und doch so heimischen, ehemaligen Sanssoucis der schwedischen Könige, an deren Namen sich manche interessante Momente der Regentengeschichte der Wasa’schen Dynastie knüpfen. Drottingholm, mit seinen ausgedehnten Parkanlagen, ist bei weitem das größte und zugleich das älteste Etablissement des Hofes außerhalb der Hauptstadt. Es bedeckt, mit seinen Nebengebäuden und dazu gehörigen Meiereien, die ganze Insel Losoe. Das Innere des Schlosses ist sehr prachtvoll; Treppen, Corridors und Balkone sind besetzt mit Statuen aus Marmor und Erz; die Fußboden mit Marmor ausgelegt; Fresken bedecken die Plafonds; Oelgemälde guter Meister die Wände der Zimmer und Säle. Das Hauptgebäude enthält zugleich ein Theater und eine Kirche. Hier verlebte der letzte König aus dem Stamme der Wasa’s, das unglückliche Opfer seines Hasses gegen Napoleon und einer selbstsüchtigen Politik, jener Monarch, der, heimathlos und arm, als Oberst Gustavsohn noch viele Jahre nach der Restauration reisend auf deutschen Postwägen oder mit Ranzen und Knotenstock wandernd gesehen wurde, die letzten Tage in seinem Reiche, nach erzwungener Abdankung und bis zu seiner Verbannung, als Gefangener. – An bewaldeten Eilanden vorüber fährt von da das Dampfboot zum stillen, friedlichen Gripsholm, berühmt durch den Gemäldeschmuck seiner Wände und die Schönheit seiner Gärten und Visten. Unser Stahlstich, nach einer Originalzeichnung Julin’s, des genialen schwedischen Landschafters, zeigt die Hauptfronte dieser königlichen Villa am Süd-Gestade des Mälarn.



Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/107&oldid=- (Version vom 4.10.2024)