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der verwüsteten Gebäude verwickelte es in Schuldverhältnisse gegen Salzburg und Bayern, und diese führten am Ende (1595) die Administration unter der Leitung eines bayerischen Prinzen herbei, welche bis zum Jahre 1723 bestand. Bayern arbeitete unablässig auf die Säkularisation hin und betrachtete vom Anfange an das reiche Stift als eine Beute, die ihm nicht mehr entgehen konnte. 1803 hob es endlich ein Federzug Napoleon’s auf und gab es mit Salzburg an Ferdinand von Oesterreich als Entschädigung für Toskana. Durch den Frieden von Preßburg kam es an Bayern, in dessen Besitz es blieb. König Max, der Freund der Menschen und der Natur, gewann die Gegend so lieb, daß er fast jeden Sommer einige Wochen hier zubrachte. Auf einer einsamen Insel im Königssee, gegenüber dem steilen, gänzlich unbewohnten Ufer, erbaute er sich ein Jagdschlößchen, und mit Eisenstock und Stachelriemen an den Schuhen sah man den Monarchen oft, von einem einzigen Jäger begleitet, an der hohen Gebirgswand umher klettern, eine Gemse zu jagen, oder im kleinen Nachen mit rüstigem Ruderschlag die Fluthen theilen, während sein Diener neben ihm ausruhete. –

Eine Viertelstunde von Berchtesgaden ist ein berühmtes Salzbergwerk. Der Pfad dahin führt durch einen Wiesengrund, den die Albe durchschäumt. Mittelst eines langen Stollens gelangt man zu einem unermeßlichen Lager von Steinsalz, welches durch Sprengen mit Pulver in großen Massen gewonnen wird. Im Laufe der Jahrhunderte hat man auf diese Weise einen ungeheuern Saal ausgehöhlt, an dessen funkelnden Wänden man auf ausgehauenen Stufen mehr als hundert Fuß hinab steigt. Jeder Flintenschuß wird hier durch den Wiederhall zum Donner einer Batterie, und wenn, wie oft geschieht, eine ganze Reihe von Sprengminen auf einmal angezündet wird, so ist die Explosion dem Erdbeben erzeugenden Bersten der Vulkane zu vergleichen. Weit und breit fühlt man dann den Boden erzittern. – Das Berchtesgadner Steinsalz ist nicht rein genug, um unversotten gebraucht zu werden. In Wasser aufgelöst wird es daher größtentheils, sammt der Halleiner Sohle, durch die berühmten Reichenbach’schen Leitungen in holzreichere Gegenden geschafft und dort zur fertigen Waare bereitet.

Eine Ausstellung eigener und seltener Art sieht der Fremde im Schlößchen Adelsheim (nahe bei Berchtesgaden) und für Manchen hat wohl ein Museum kein größeres Interesse. Es ist nämlich eine vollständige Mustersammlung aller in der Gegend seit Jahrhunderten gefertigten Schnitz- und andern Spielwaaren für Kinder; eine Sammlung, die über 12,000 Numern faßt. Berchtesgaden mit den umliegenden Alpthälern ist die älteste Heimath jener Industrie, welche die gesammte Kinderwelt mit Spielwerk versorgt. Das Haupt-Material liefert die Zirbelnußkiefer, welche in keiner Gegend häufiger wächst. Selbst die kleinsten Schulkinder arbeiten schon an diesen Sächelchen mit und verdienen ihren Aeltern einige Kreuzer. Nur dadurch wird auch die Wohlfeilheit begreiflich, wofür die Produzenten die Waaren den Zwischenhändlern und Kaufleuten liefern, welche sie in alle Weltgegenden verführen. Bis vor ungefähr 125 Jahren gehörte dieser Kunstfleiß der Gegend von Berchtesgaden ausschließlich an. Religionsverfolgung gegen die seit der Reformation in diesen Thälern ansäßigen Protestanten veranlaßte deren Auswanderung. Natürlich suchten sie diejenigen Orte vorzugsweise zur Niederlassung auf, wo sie Absatz

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Sechster Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1839, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_6._Band_1839.djvu/101&oldid=- (Version vom 20.11.2024)