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der Veste zu begraben. Da brach der Krieg der Pforte mit Rußland aus (1809) und verschaffte den Serviern Luft. Das türkische Heer zog großentheils ab, und Yorghi, der mit Rußland ein Bündniß schloß, blieb im festen Besitze der Gewalt, die er anwendete, um den Zustand des verwüsteten Landes zu verbessern und seine Wunden zu heilen. Der Friede sicherte endlich nach langem Kampfe Servien die Rechte, welche der Aufstand erstrebt hatte, und Georg Yorghi erkannte, daß nun seine Bestimmung erfüllt sey. Großherzig legte er hierauf die Gewalt von sich und zog sich in das Dunkel zurück. Wie ein Stern erster Größe hat er am Firmamente der Zeitgeschichte geleuchtet, wie ein Meteor ist er verschwunden. Nicht ein Ereigniß hat sich wieder an den Namen des außerordentlichen Menschen geknüpft, dessen Arm der Macht eines großen Reichs widerstanden, und den Servien als Begründer seiner Freiheit durch alle Zeiten ehrt. Unerkannt soll er in den Heeren der Verbündeten gegen Napoleon gekämpft haben und später auf Veranstaltung der Pforte ermordet worden seyn. Doch sind dieß Umstände, auf welchen noch ein geheimnißvoller Schleier ruht.

Nach Yorghi’s Verschwinden kam einer seiner Freunde, Milosch Obronowitsch, an die Spitze der Verwaltung. Fürst Milosch (der Sohn eines armen Hirten) hat nicht blos den Beruf, sondern auch die Fähigkeit, fortzusetzen das Werk, was der Held vor ihm angefangen hatte. Eben so entschlossen, tapfer und edelmüthig, als dieser, ist Milosch gebildeter, voll natürlichen Sinns für Kunst und Wissenschaft, und der Civilisation mit Enthusiasmus zugethan. Jeder Servier hängt an ihm mit Liebe und spricht von ihm mit Stolz und Verehrung. Seine Aufgabe ist die schwierigere; denn er wird die Befreiung Serviens vom türkischen Joche ohne Schwert behaupten und sein Volk civilisiren.



Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/214&oldid=- (Version vom 9.9.2024)