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Als Czerny Georg das Panier der Freiheit in Servien aufpflanzte, wurde um den Besitz von Belgrad zwischen ihm und den türkischen Drängern lange mit Heldenmuth gestritten. 1806 wehte die servische Nationalfahne von den Wällen der Citadelle. Seit der Pazifikation Serviens ist Belgrad von neuem der Sitz des türkischen Statthalters, der jedoch auf die Verwaltung des Landes, welche national und fast unabhängig ist, keinen Einfluß mehr hat.

Als eine der Hauptmerkwürdigkeiten Belgrad’s zeigt man die Wohnung jenes Georg, der, ein anderer Paoli, das Geheimniß der Schwäche der türkischen Macht durch einen Jahre lang glücklichen Widerstand offenbarte und den Grund zur nationellen Entwickelung des servischen Volks gelegt hat.

Cara Yorghi, im Auslande gemeinlich der schwarze Georg genannt, war einer jener gewaltigen Männer, wie sie die Allmacht zuweilen unter das Menschengeschlecht treten zu lassen scheint, um ihre Zwecke auf eine raschere Weise zu erreichen. Er gehört zur Kategorie der Cromwells, der Bolivare, der Napoleone.

Servien war bis zu Anfang dieses Jahrhunderts in 4 kleine Paschaliks getheilt, in denen Druck und Erpressung seit Jahrhunderten sich erblich fortgepflanzt hatten. Im Jahre 1800 brachten Abgeordnete ihre Klagen vor den Thron des Sultans; dieser entsetzt die Paschas; letztere lehnen nun als Rebellen sich auf. Die Pforte schickte vergeblich ein kleines Heer, sie zu züchtigen. Es wurde geschlagen von den verbündeten Paschas und der Sultan überließ hierauf die Provinz ihrem Schicksal. Die usurpirten Herren des Landes belasteten es mit ungeheuern Auflagen, plünderten die Kaufleute und Geistlichen und übten die ärgste Bedrückung. Blutend unter der Geißel vierfacher Tyrannei, suchten, da in Constantinopel keine Hülfe zu erlangen stand, die Servier insgeheim Oesterreichs Beistand nach; aber dieses verrieth das Geschehene an die Zwingherren. Arglistig luden die letztern die Notabeln des Volks nach Belgrad zur Berathung, ließen die Versammelten meuchlings überfallen und ihnen die Köpfe abschlagen. Darauf durchzogen sie mit ihren Söldnern das von Entsetzen ergriffene Land, raubten, brandschatzten und plünderten, brannten Dörfer und Flecken nieder und schleppten die begüterten Einwohner als Geißeln in die Festungen. Aber als das Unglück des Volks den Hochpunkt erreicht hatte, als das Gefühl der Unerträglichkeit alle Herzen beengte, bedurfte es nur einer geringen Veranlassung, damit es sich erhebe zur Rache, wie ein grimmiger Tiger. Diese Veranlassung gab ein einfacher Landmann, der in Rainamika, einem Dorfe 20 Stunden von Belgrad, wohnte. – Cara Yorghi saß mit einigen Freunden zur Tauffeier seines zweiten Sohnes bei einem frohen Mahle, der Weinkrug zirkulirte häufig und das Gespräch über den Jammer des Landes trieb das Blut heiß durch die Adern. Da kommt ein Weib wehklagend in die Stube und erzählt, 30 türkische Soldaten wären in ihr Haus gedrungen, hätten Betten und Vorräthe geraubt, die Möbeln zerschlagen und ihren Mann, der Vorstellungen dagegen gemacht, jammerlich geprügelt. Cara Yorghi, ein kühner, entschlossener Mann, springt auf, ergreift seine Waffen, die Andern folgen. Mit

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/211&oldid=- (Version vom 4.11.2024)