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Reiche Ruhe und Sicherheit herzustellen; denn hehr und kräftig war sein Wille und stark sein Arm. Erst ließ er zu Nürnberg (1271) von den Franken und später zu Mainz (1281) von den Fürsten, Grafen und Edelleuten einen Landfrieden auf 5 Jahre beschwören. Ueber eine gewisse Zeit hinaus konnte damals ein Kaiser in solchen Dingen nicht: und auf einem frühern Reichstag hatte er von den Ständen nicht einmal so viel, sondern nur das Gebot dreitägiger Ankündigung bei jeder Fehde erlangen können. Zugleich erließ er die Verordnung: „daß ferner Niemand eine Burg haben sollte, es geschehe denn ohne des Landes Schaden.“

Es kehrten sich jedoch gar wenige der edlen Raubgesellen an den Landfrieden und an das kaiserliche Gesetz: zumal in Schwaben und am Rheinstrom wurde nach wie vor jeder Reisende, den man erreichen konnte, niedergeworfen und seiner Habe beraubt, Schiffer und Fuhrleute geplündert, Frauen und Kaufleute aufgefangen, in die Verließe geworfen und gefoltert, um hohe Lösegelder für ihre Befreiung zu erpressen. Selbst die Kirchen und Klöster waren nicht mehr sicher vor den gottlosen Rittern; und wenn es in der Nähe nichts mehr zu stehlen gab, dann wurde ein gemeinschaftlicher Zug, in größere Entfernung, auf Städte und Flecken unternommen. Jeder, der einen Einfall zu einer Beute versprechenden Unternehmung hatte, theilte sie den Nachbarn mit und warb sich so viele Theilnehmer, als er nöthig hatte; man wählte einen gemeinschaftlichen Hauptmann, meistens den kühnsten und tapfersten, und – fort ging’s nun zum Fehdezug, ohne andern Zweck als Raub, Plünderung. Oefters standen die berüchtigten Falkenburger an der Spitze solcher nobeln Unternehmungen!

Da entbrannte Kaiser Rudolf in gerechtem Zorn und er faßte sein Schwert und schwur: Friede dem Reiche, den Friedensbrechern aber den Tod! An der Spitze eines Heeres zog er aus durch viele Provinzen. In einem Jahre zerstörte er in Schwaden und am Rhein 66 adeliche Burgen. Was in einem solchen Raubnest gefunden wurde, adelich oder unadelich, mußte mit dem Strang büßen. Das Sprüchwort: „mitgegangen, mitgehangen“ stammt aus dieser thatkräftigen Zeit. Da jubelte das deutsche Volk und nannte ihn „Erlöser und Wiederhersteller des deutschen Vaterlandes“, und der Bauer kehrte zu der verlassenen Pflugschaar, der Bürger zu seinem Gewerbe zurück. So lange Rudolf lebte, herrschte fortan Friede und Sicherheit im deutschen Reiche. –

Auch die Falkenburg traf das wohlverdiente Schicksal. In einer Nacht loderten die Feuersäulen von Sonneck, Rheinstein und Falkenburg, einem Kleeblatt des Raubs und des Schreckens, gen Himmel. Die gefangenen Bewohner, Ritter und Reisige, verdammte das Machtwort des Kaisers zum Strang.

Als vom Kaiser das furchtbare Urtheil gesprochen war, welches die Vertilgung von drei ritterlichen Geschlechtern zur Folge haben mußte, warf sich Graf Waldeck, den Falkenburgern verwandt, dem Monarchen zu Füßen und bat

Empfohlene Zitierweise:
Joseph Meyer: Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Fünfter Band. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, Amsterdam, Paris, Philadelphia 1838, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_Universum_5._Band_1838.djvu/19&oldid=- (Version vom 24.8.2024)